Ein zugleich kurzweiliges und gehaltvolles Programm wurde am Sonntag in Centre des Arts Pluriels Ettelbrück (CAPE) geboten. Streicherwerke von Edvard Grieg sowie das Saxophonkonzert von Alexandre Glazunov erklangen, bevor es mit der Uraufführung von Nighthawks für Saxophonquartett und Streicher schloss. Über die Klangeindrücke berichtet Paul Heinrich Birnbaum.
Die elegischen Melodien Herzwunden und Letzter Frühling von Grieg sind einem breiten Publikum als Stimmungsbilder bekannt. Das Kammerorchester Estro armonico versetzte das Auditorium mit gefühlvollem Spiel in die richtige Stimmung für den weiteren Verlauf. Im Stück Letzter Frühling hatte das Konzert gleich die erste Solistin zu bieten, nämlich Christine Goethals. Die junge Sängerin brachte mit ihrer feinen Sopranstimme, die vor allem für barocke Musik und klassisches Repertoire gefragt ist, den ebenso verinnerlichten wie volkstümlich geprägten Ton des Stückes sensibel zum Ausdruck.
Guy Goethals gestaltete dann im Saxophonkonzert von Glaszunov einen ersten Glanzpunkt. Dieses neben dem Soloinstrument nur mit Streichern, dafür aber geteilten Stimmen, besetzte Werk, ist eines der dankbarsten für das Altsaxophon. Goethals, der sonst auch in seinem Orchester Estro Armonico als Konzertmeister auf der Geige reüssiert, bot hier auf seinem Hauptinstrument eine ebenso instrumental überragende Leistung wie er auch die Musik in der Komposition erblühen ließ und damit bewies, dass seine langjährige Beschäftigung mit dem Werk einen ganzen Cocktail an Gestaltungsfrüchten trägt.
Estro armonico gelang eine aufmerksam intensive Interpretation an der Seite des Solisten, die die zahlreichen Tempowechsel und Nuancen des Stückes mittrug und so dem Saxophonisten den Rahmen bereitete, in dem er frei agieren konnte.
Noch einmal kam danach Edvard Grieg zu Gehör. Seine zwei nordischen Melodien, Im Volkston und Kuhreigen – Bauerntanz überschrieben, boten nochmals Gelegenheit, sich in norwegische Harmonik und Melodik einzuhören. Wiederum bot das Orchester eine saubere und die Stimmungen hervorhebende Darstellung dieser musikalischen Welt.
Der Komponist Ivan Boumans, Dozent am hauptstädtischen Konservatorium in Luxemburg, ist mit seinen Werken seit vielen Jahren präsent. Durch sein Studium in Paris geprägt, sieht er selber sein Œuvre im Grundsatz als neoimpressionistisch geprägt an. Er weiß sich aber immer den jeweiligen Anforderungen im Stil zu öffnen, so etwa, wenn ein Kompositionsauftrag solche mit sich bringt. Sein jüngstes Werk, mit Saxophonquartett und Streichern besetzt, steht insofern für die Komponente, die das Saxophon als recht junges Instrument gedanklich dem Jazz zuordnet. So formuliert er ein spritzig lässiges Stück. Ausgehend von der schon lange bestehenden Idee, seine Gedanken zu dem Gemälde Nighthawks von Edward Hopper in Tönen zu gestalten, kamen jetzt der Kompositionsauftrag und die Pandemiesituation als zusätzlich Inspirationsquellen.
Das mit wenigen Elementen auskommende Gemälde von Hopper, in dem niemand auf der Straße zu sehen ist und die wenigen Personen im Restaurant schweigen und auch ein wenig unbeteiligt nebeneinander sitzen, stellt sich dann plötzlich wie eine Vorwegnahme der gegenwärtigen Situation dar. Mit den Satztiteln Angst, Ausgangssperre und Maskenball hat er dazu dann ebenso nachdenkliche Töne im langsamen Satz gefunden, wie die Ecksätze mit ihren im Jazz beheimateten Nachschlägen und häufigen Taktwechseln auch eine lebendige und optimistische Stimmung anbieten. Gleichzeitig bot die bisher wohl noch nicht erprobte Besetzung, das Konzert für Saxophonquartett und Orchester von Philipp Glass ist im Orchester deutlich größer instrumentiert, eine noch offene Situation, in der Boumans seine eigenen Ideen unbeeinflusst entfalten konnte.
Das Quatuor de Saxophones du Luxembourg in der Besetzung Guy Goethals, Sopran-, Leana Sealy, Alt-, Paul Origer, Tenor-, und Roland Schneider, Baritonsaxophon, gestaltete den Solopart nicht nur souverän, sondern hatte die Atmosphäre des Werkes aufgenommen und konnte so die Farben sowohl der Instrumente der Saxophonfamilie wie auch die charmanten Facetten des Werkes lebendig zu interpretieren.
Das Orchester Estro armonico, das neben seinem barock-klassischen Hauptbetätigungsfeld immer auch wieder in anderen Bereichen wie Jazz und Musical das Publikum vor allem in Luxemburg erfreut, wusste sich mit Elan und Geschick dieses neue Werk ebenfalls zu eigen zu machen und so den Solisten den Teppich auszurollen, auf dem sie sich entfalten konnten.
Carlo Jans gab mit seinem gewohnt sicheren und klaren Dirigat, dass auf die Gestaltung der Musik und damit auf die Ausführenden ausgerichtet ist und nicht auf die optische Wirkung beim Publikum, den sowohl koordinieren wie auch inspirierenden Impulsgeber für das Konzert.
Intensiver Applaus der zahlreichen Zuhörer zeigte, dass dieses Konzert nicht nur Interesse, sondern auch Freude ausgelöst hatte.