Die Familie Borgia verkörpert noch heute wie keine andere Machtgier und Korruption des Papsttums der Renaissance. Dieses Bild wurde auch auf Lucrezia Borgia übertragen, so dass sie als Giftmischerin, Ehebrecherin und Blutschänderin abgestempelt wurde. Die moderne Geschichtsforschung betrachtet sie in einem anderen Licht und verwirft diese Anklagen.
Sicher ist jedoch, dass sie als Aristokratin in Italien hochgebildet war. Dazu gehörte auch die Beherrschung verschiedener Künste. Bei ihr ist in erster Linie das Tanzen zu nennen, das sie mit großem Können und Freude intensiv pflegte. Diese Aufnahme stellt an 21 Beispielen die Tanzformen der Zeit dar. Dabei hilft die Vita der Lucrezia, da sie von ihrem Vater aus machtpolitischem Kalkül an verschiedene Höfe verheiratet wurde, so dass auch abweichende Stile und Moden einfließen. Etliche der Werke werden auch mit Singstimmen begleitet.
Das Instrumentalensemble um Carles Magraner ist als Quintett klein besetzt. Als maßgebliches Instrument ist neben Flöten, Harfe und Schlagzeug die Vihuela zu nennen. Dieses Instrument kann als Vorgänger der Gitarre gesehen, wobei Magraner eine Vihuela de Arco, also ein mit Bogen gestrichen Instrument spielt, das in eine andere Instrumentenrichtung weist.
Trotz oder gerade wegen nur fünf Instrumenten, die allesamt nicht laut klingen können, ist diese Musik immer sehr intensiv und spannend. Dazu trägt die abwechslungsreiche Nutzung diverser Instrumente aus der reichen Gruppe des Schlagwerks bei, die auch mit erst wiederbelebten unterschiedlichen Techniken angeschlagen werden. Das Ensemble agiert schon seit über dreißig Jahren auf den Spuren dieser alten Musik und legt beinahe jährlich zwei Aufnahmen vor, die sich immer einem Aspekt der Zeit widmen. Ihre Interpretationen zeichnen sich durch exzellente Schönheit und die Rundheit des Klangs aus. Ihre Darstellung wirkt nie scharf oder kantig, doch immer inspiriert. Gleich von den ersten Tönen lässt man sich gerne gefangen nehmen und will sich auch gar nicht mehr lösen, so dass die gute Stunde der Aufnahme viel zu kurz erscheint.
Die vier Gesangstimmen ergänzen diesen fantastischen Klang aufs Feinste. Auch wenn man jeden einzeln loben könnte, so kann man es auch bei dem Lob für die Gruppe belassen. Alle überzeugen auf Schönste.
Die Aufnahme ist technisch sehr angenehm temperiert. Das Beiheft steuert informativ die Texte der Lieder sowie Aufsätze über Lucrezia Borgia und die Zeit, speziell unter dem Blickwinkel der Musik bei.