Diese 1972 entstandene Quadrophonie-Einspielung von Bizets ‘Carmen’ ist problematisch. Aufs Ganze gesehen kann sie mit keiner der Referenzaufnahmen mithalten. Im Detail gibt es aber hoch interessante Ansätze.
Beginnen wir mit Bernstein. Eine klare Linie ist in seinem Dirigieren nicht zu erkennen. Zu unterschiedlich sind seine Tempi, oft eigentlich zu langsam, zu sehr alterniert er zwischen ‘Opéra Comique’ und ‘Opéra Dramatique’ (beide Wege können hoch achtbare Resultate ergeben, wie die Vergangenheit gezeigt hat), zu sehr setzt er hier auf puren Schöngesang und wirklich bezaubernden orchestralen Lyrismus, dort auf Leidenschaft. Es gibt aber Passagen, die durch Bernsteins Tempi komplett neu klingen und im Einzelnen durchaus attraktiv sind.
Auch Marylin Horne ist unausgeglichen. Meistens singt sie, als wollen sie eine Lektion in schönem, klar artikuliertem, wohl geformtem Gesang geben. Leider wirkt das recht künstlich.
James McCracken ist noch unausgeglichener. Mal brüllt er drauf los, wodurch seine an sich schon nicht besonders wohlklingende Stimme noch hässlicher wird, mal singt er mit zarter Kopfstimme, die zum Rest nicht passt.
Positiv zu Buche schlagen Tom Krauses Escamillo und Adriana Malipontes süße Micaela. Die Quad-Aufnahme ist effektvoll.
Für Bernstein- und andere Sammler, ein unter dem Strich nicht uninteressantes, weil informatives Tondokument, das aber keinesfalls als Standardaufnahme einer guten ‘Carmen’ dienen kann.
Incoherent conducting, incoherent singing of the main characters: this ‘Carmen’ might as such be interesting for collectors and analysing specialists, but it never can be a standard recording of a good Carmen.