Leitartikel von Remy Franck (Printausgabe Pizzicato 03/13)
Viele Musiker, Produzenten und Agenten werden sich am 18. März in Mailand einfinden, wenn die ‘International Classical Music Awards’ ihre Preise für 2013 überreichen. Die ausgezeichneten Interpreten haben mit ihren CD- oder DVD-Aufnahmen bezw. ihrem musikalischen Wirken allgemein die internationale Jury mit Juroren aus 13 Ländern überzeugt. Viele davon haben ein internationales Renommee, und manchmal tut es einem leid, dass wiederum der eine oder andere weniger bekannte Musiker es nicht in die Endrunde schaffte. Aber angesichts der Vielzahl an Produktionen ist es ja ganz normal, dass eben viele bei einem Preis leer ausgehen.
Schallplatten aufnehmen und auf den Markt bringen ist ja heute so leicht geworden. Und wenn ein Musiker es nicht schafft, bei einem Label unter zu kommen, wird er selber zum Herausgeber. In Aufnahmen, Herstellung und Verbreitung wird unter Umständen viel Geld investiert (das machen übrigens auch die Interpreten, die bei ihre Aufnahmen auf einem Label herausgeben, denn die meisten Label lassen sich das gut bezahlen). Gewiss können diese Musiker aber von Glück reden, in einer Zeit zu leben, wo ihnen die Möglichkeit gegeben wird, zu erschwinglichen Preisen an die begehrte Visitenkarte ‘Tonträger’ zu kommen. Vor dreißig und mehr Jahren war das nicht möglich. Damals beherrschten einige wenige Labels den Markt, und die wenigsten Künstler hatten die Chance, einen Vertrag zu bekommen.
Doch mit der Herstellung einer CD ist es noch nicht getan. Nicht einmal die Labels können den Künstlern garantieren, dass ihre CD auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, sprich, dass sie in der Presse rezensiert wird. Viele wenden sich hoffnungsvoll an die Musikzeitschriften und werden nicht selten in ihren Erwartungen enttäuscht. Es tut mir, ganz ehrlich gesagt, immer leid, wenn ich auf Nachfrage mitteilen muss, dass eine CD nicht besprochen wird. Wir haben im Pizzicato die Regel, negative Rezensionen nur dann zu veröffentlichen, wenn die Künstler weithin bekannt sind. Es ergibt keinen Sinn, eine Aufnahme negativ zu besprechen, wenn die überwiegende Mehrzahl der Leser den Namen des Künstlers nicht kennt. Dass die negative Kritik für den Betroffenen unter Umständen heilsam sein könnte, steht auf einem anderen Blatt. Umso mehr freut es uns, wenn wir einen wenig bekannten Musiker vorstellen können, dessen Aufnahmen einen unserer Rezensenten begeistert haben. Dabei spielt es dann schon eine Rolle, ob die Aufnahme wirklich gut ist und nicht nur einen regionalen Wert hat, wie etwa die Beethoven-Symphonien Nr. 1 und 5 mit dem Beethovenorchester Bonn unter Stefan Blunier bei MDG: das sind gute Aufnahmen, aber sie bringen keinerlei neuen Aspekte und sind höchstens für Freunde des Beethovenorchesters von Belang. Dasselbe gilt für die Achte Bruckner-Symphonie mit dem österreichischen Innviertler Symphonie Orchester unter Nicholas Milton. Der Marktwert ist auch in dem Fall bloß regional.
Auch luxemburgische Musiker stehen immer wieder in den Aufnahmestudios, um den Mikrophonen ihre Interpretationen anzuvertrauen. Die einen tun es mit rein lokalen Mitteln und vertreiben ihre CDs selber, andere haben die Chance, im Ausland einen Verleger oder zumindest einen Vertrieb zu finden. Dass sehr gute Produktionen aber in der luxemburgischen Schublade liegen bleiben, nachdem die öffentliche Hand ggf. sogar dafür großzügige Unterstützungen ausbezahlte, ist natürlich schade. In diesem Heft rezensieren wir zwei Produktionen mit in Luxemburg beheimateten Künstlern, von denen eine auf einem kleinen ausländischen Label herauskam, eine andere in Eigenregie produziert wurde, aber zumindest via Internet angeboten wird. Beide Schallplatten, die eine mit dem Percussionduo KrausFrink, die andere mit der Saxophonistin Anaïs Lorentz und der Pianistin Kae Shiraki, überzeugen durch ein hohes musikalisches Niveau. Sie wurden nach denselben Kriterien besprochen wie internationale Produktionen, die bei uns eingereicht werden und ich kann ihnen nur wünschen, dass sie in der großen weiten Musikwelt die Resonanz finden, die sie verdienen. Sie sind jedenfalls sowohl vom Repertoire her als auch wegen der Interpretationen von Bedeutung.