Johann S. Bach: Schafe können sicher weiden (Bearb. Aus der Kantate BWV 208); Frédéric Chopin: Ballade Nr. 3, op. 47; Maurice Ravel: Gaspard de la Nuit; Enrique Granados: Los Requiebros (Goyescas Suite I); Claude Debussy: Clair de Lune (Suite Bergamasque); Changyong Shin, Klavier; 1 CD Stomp Music; Aufnahme 2020, Veröffentlichung 11/2020 (47'54) – Rezension von Remy Franck
Das erste und das letzte Stück auf dem neuen Album des 26-jährigen Bachauer-Preisträgers Changyong Shin zeigen wohl seinen Charakter und seine Stärken.
Bachs Arie ‘Schafe können sicher weiden’ dehnt er und gibt dem Stück eine Zärtlichkeit, die die Musik berührender macht als die bloß anmutigen Interpretationen, die man sonst schon gehört hat. Auch Debussys Clair de Lune wird sehr poetisch und mit tiefer Empfindamkeit gespielt. Chopins 3. Ballade und Los Requiebros aus den Goyescas von Granados differenziert der junge Pianist sehr gut und kann so die verschiedenen Stimmungen zum Ausdruck bringen. Los Requiebros ist dabei ganz besonders eloquent geworden, mit manchmal echt Lisztscher großer Geste, aber auch der nötigen Zärtlichkeit in einem durchgehend klangschönen Spiel.
Shin spielt auch einen aufs Ganze gesehen durchaus feinen Gaspard de la Nuit. Ondine ist quirlig, funkelnd und leicht. In Le Gibet bleibt der Koreaner allerdings seltsam ausdrucksarm. Die schaurig-mysteriöse Atmosphäre ist kaum zu spüren in dieser Interpretation. Scarbo ist technisch grandios, Ravels Kobold fliegt fast ekstatisch umher mit torkelnden Unterbrechungen, so dass die Substanz dieses Stückes vollauf zum Tragen kommt.
The first and the last piece on the new album of the 26-year-old Bachauer Prize winner Changyong Shin probably show his character and strengths.
He stretches Bach’s aria ‘Sheep may safely graze’ and gives the piece a tenderness that makes the music more touching than in other interpretations. Debussy’s Clair de Lune is also played very poetically and with deep sensitivity. The young pianist differentiates Chopin’s 3rd Ballad and Los Requiebros from the Goyescas by Granados very well and can thus express the different moods. Los Requiebros has become particularly eloquent, with sometimes genuinely Lisztian grand gestures, but also the necessary tenderness in a consistently beautiful sound.
Shin plays a fine Gaspard de la Nuit on the whole. Ondine is lively, sparkling and light. In Le gibet, however, the Korean remains strangely expressionless. The eerie-mysterious atmosphere is hardly noticeable in this interpretation. Scarbo is technically grandiose, Ravel’s goblin flies around almost ecstatically with staggering interruptions, so that the character of this piece comes into its own.