Viele fernöstliche Komponisten haben mit mehr oder weniger Können und Glück Tunes aus ihren Ländern in westliche Kleidung gesteckt. Das tun auch Chen Gang und He Zhanhao in ihrem 1958 gemeinsam komponierten Violinkonzert The Butterfly Lovers. Die Musik erzählt die Geschichte zweier Verliebter, denen das Eheglück nicht gestattet wird. Der junge Mann stirbt an einem gebrochenen Herzen, das Mädchen steht an seinem Grab, stürzt hinein und dann werden beide in Schmetterlinge verwandelt, die für immer vereint bleiben. Die Musik folgt ziemlich genau der Geschichte dieses Märchens und tut das sehr reizvoll.
Wundervolle Stimmungen und eine berückende Klangmalerei kennzeichnen die Interpretation von Zhi-Jong Wang: sie spielt mit großer Sensibilität, viel klanglicher Wärme und wird vom Tokyo Philharmonic tadellos begleitet.
Wenn Butterfly Lovers im Grunde westliche Musik mit chinesischer Verzierung ist, dann ist das Violinkonzert The Psalms of Taciturnity des 42-jährigen Komponisten Shen Ye eine sehr globalisierte moderne Musik, in einer sehr persönlichen Tonsprache. Das Chinesische darin ist nicht offensichtlich.
Die Taciturnity, die Schweigsamkeit, bezieht sich hier auf das abwesende Wort. Das Konzert will Gefühle musikalisch ausdrücken, die mit Worten nicht wiedergegeben können. Der erste Satz ist extrem kontrastreich, und es entstehen miniaturartige Gebilde von fragiler, berückender Schönheit, die von kräftigen Ausbrüchen zermalmt werden.
Der zweite Satz fließt ruhig und melodisch dahin, von Trauer und Meditation geprägt, von Hoffnung auf ein besseres Jenseits beflügelt.
Zhi-Jong Wang und das Tokyo Philharmonic unter Yang Yang geben von diesem faszinierenden Violinkonzert eine atemberaubend intensive Interpretation.