Christian Thielemann
(c) Matthias Creutziger

Auf ihrer Europa-Tournee mit Konzerten in Grafenegg, Luzern, Amsterdam, Gent, Luxemburg (Pizzicato berichtete), Dortmund, Hamburg, Berlin, Prag und Linz machten die Wiener Philharmoniker mit Christian Thielemann auch in der Musikstadt Dresden Station. Michael Oehme berichtet.

Dieses Konzert entbehrte nicht einer gewissen Brisanz. Hatte doch Christian Thielemann erst wenige Wochen zuvor mit Gustav Mahlers ‘Symphonie  der Tausend’ seinen zwar umjubelten, aber nicht ganz freiwilligen Abschied als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden genommen. Sein baldiges Wiederkommen mit seinem zweiten Lieblingsorchester – Thielemann ist den Wienern seit über zwei Jahrzehnten verbunden und einer ihrer Lieblingsdirigenten – hätte so etwas wie eine Demonstration werden können, um den Dresdner (Verantwortlichen) zu zeigen, was sie denn an Thielemann verloren haben. Nichts davon gab es an diesem Konzertabend im wunderbaren Saal des Kulturpalastes der Elbestadt. Die absolute Überlegenheit der Wiener an allen Positionen ließ sogar so etwas wie musikalische Routine aufkommen. Das betraf zumindest die ersten zwei Sätze in Robert Schumanns Frühlingssymphonie im ersten Konzertteil. Beim Scherzo und im Finale setzte Thielemann allerdings deutliche Akzente, nahm das Orchester immer wieder zurück, um Steigerungen zu erreichen und es zum Aufblühen zu bringen.

Im Bruckner-Jahr war seine erste Symphonie in c-Moll, eine gute, verdienstvolle Wahl, um dieses früh vollendete und schon durch und durch typische Werk des Meisters von St. Florian ins rechte Licht zu rücken. Hier glänzte vor allem das Blech, ohne aus dem ganzen Klangkosmos hervorzubrechen. Die Holzbläsersoli wirkten fast etwas zurückhaltend, während der typische weiche Wiener Streicherklang immer dann Sehnsüchte hervorrief, wenn Bruckner musikalische Linien plötzlich durch Generalpausen unterbricht.

Geschickt baute Thielemann immer wieder auf – bis hin zum grandiosen Finale, das ebenfalls unverhofft endet und erst einmal Stille im Saal erzeugte. Dann viel Beifall und Jubel bei diesem Gastspiel der Wiener in Dresden. Wieder zu Hause werden die Wiener Philharmoniker ihre ersten Abonnementskonzerte und eine Spanien/ Frankreichtournee unter der Leitung von Daniele Gatti, dem Nachfolger Thielemanns in Dresden absolvieren. Schön, das so etwas ohne Reibungen funktioniert. Und vielleicht kommt Thielemann auch recht bald einmal wieder in die Elbestadt. Mit ihm und den Dresdnern hätte (und hat schon) dieser Bruckner noch prächtiger und interessanter geklungen.

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