Luciano Berios ‘Rendering’ befasst sich mit Schuberts Symphonie D-Dur (D 936a), die als Klavierparticell-Fragment in drei Sätzen existiert. Berio hat dieses Particell orchestriert, indem er sich auf die ‘Unvollendete’ bezog. Das eigentlich Interessante aber sind die Lücken, die es in Schuberts Material gibt, und die Berio nicht durch stilgetreue ‘Patches’ auffüllt, sondern durch sehr raffinierte, diffuse Kompositionen. Das wirkt, als ob unser hörender Blick auf Schuberts Musik immer durch Nebelschwaden gestört würde.
Christoph König gestaltet die Übergänge in diesem hybriden Werk sehr sensibel und es kommt dann immer zu einem wie im Traum erfolgenden Abgleiten aus der Realität ins Irreale und zurück.
Die ‘modernen’ Passagen erklingen kristallin und transparent, während Schuberts Original viel kräftiger, aber nie schwerfällig wirkt. Unter den
neun verfügbaren Aufnahmen des Werks ist dies zweifellos eine der besten und kohärentesten.
Für Schuberts Große C-Dur-Symphonie (je nach Zählung die Neunte oder die Achte) braucht Christoph König nur 44’45, also ungefähr so viel wie Charles Munch in seiner legendären Aufnahme aus Boston bez. Arturo Toscanini mit dem ‘Philadelphia Orchestra’, etwas weniger als Bernstein/New York Phil oder Karajan/Berliner Philharmoniker, Szell/Cleveland und Guttenberg/KlangVerwaltung. Zum Vergleich: Celibidache und andere haben das Werk auch schon in einer guten Stunde und mehr dirigiert und ungeheuer viel aus der Musik herausgeholt.
Doch auch der direkte Vergleich mit Toscanini etwa ist aufschlussreich. Was bei Toscanini ungemein drängend und wirklich schnell klingt, macht bei König einen ganz anderen Eindruck, weil der Deutsche im Vergleich zum Italiener seine Tempi viel stärker differenziert. Es ist als fahre man in einem Coupé durch eine schöne Landschaft, indem der Fahrer hier ganz nonchalant drauf losfährt, dort abbremst, um die Schönheit der Natur zu genießen und dann, davon innerlich bereichert, wieder beschleunigt, um seinem eigenen Vergnügen freien Lauf zu lassen. Das Scherzo zeigt wohl am besten, wie tänzerisch schwungvoll die Musik bei König und seinem exzellenten Orchester klingt. Draufgängerischer ist eigentlich nur der Finalsatz, der anfangs zum Fliegen beschleunigt wird und dann doch gleich wieder tanzt und dreht.
Eine sehr eloquente und wunderbar gespielte Aufnahme, die auch tontechnisch höchsten Ansprüchen gerecht wird!