37 Jahre leitete Stephen Cleobury den Choir of King’s College. Im Herbst zieht er sich zurück und hinterlässt als Vermächtnis eine stattliche Zahl von Aufnahmen, denen er nun eine letzte Produktion hinzugefügt hat: Musik von Herbert Howells. Das Doppel-Album präsentiert ganz unterschiedliche Facetten von Howells‘ Schaffen. Allein das macht die Aufnahme interessant und spannend.
Auf der ersten CD hören wir Werke, die Howells aus ganz profanen Gründen nahe stand: Sakralmusik. Schließlich war der Komponist auch Organist in vielen bedeutenden englischen Kathedralen, und die liturgische Musik prägte einen wesentlichen Teil seiner Biographie.
Die Biographie wirkt auch in seine Musik hinein, ganz besonders in die English Mass. Sie entstand nach dem tragischen Tod von Howells neunjährigem Sohn und ist weniger ein Glaubensbekenntnis denn eine Suche nach spirituellem Halt.
Stephen Cleobury und seine Ensembles wissen genau, wie sie diese besonders intime Stimmung einfangen und vermitteln müssen, wie sie auch die schwierige Balance zwischen purer Verzweiflung und Hoffnung schaffen. Die wunderbaren stimmlichen Fähigkeiten seiner Sänger lassen Stephen Cleobury viel Gestaltungsraum, den er in den feierlichen Te Deum und Magnificat anders zu nutzen weiß: typisch britischer Pomp hier in Maßen und ohne Pathos dargebracht.
Hauptwerk auf zweiten CD ist das Cellokonzert aus den 30er Jahren, das erst 2016 seine posthume Uraufführung erlebte. Es greift den Ton der English Mass auf und klingt streckenweise wie ein De Profundis-Gesang. Der Cellist Guy Johnston schafft es jedoch, in dieser eher betrüblichen Stimmung wiederholt Lichtblicke aufscheinen zu lassen, etwa in der schönen Kantilene des 2. Satzes. Die rhapsodische Struktur des 1. Satzes, ermöglicht es dem Cellisten, sein gestalterisches Potenzial voll auszuschöpfen. Insgesamt erleben wir eine sehr emotionale, spannende Interpretation, die den Zuhörer quasi festhält und wiederholt nachdenklich stimmt.