Die Oper ‘Feuersnot’, das zweite Werk von Richard Strauss für das Musiktheater, hat sehr zum Verdruss des Komponisten keine Karriere gemacht. Nicht nur wurde es nach der Uraufführung in Dresden 1901 auf Wunsch des moralisierenden sächsischen Königshauses abgesetzt, es blieb auch im ganzen 20. Jahrhundert unbeachtet. Das verwundert nicht, ist die Handlung doch dramaturgisch recht dürftig für eine Oper von fast zwei Stunden, in der die Musik den Rang der späteren Kompositionen von Richard Strauss noch nicht erreicht hat.
Diese beiden Nachteile haben die Verantwortlichen dieser Produktion, die 2014 im ‘Teatro Massimo’ in Palermo gezeigt wurde, nicht gestört. Im Gegenteil, sie haben die Herausforderungen angenommen und die Nachteile ins Positive gewendet.
Die Handlung belebt Emma Dante in den ersten 40 Minuten mit Tänzern und Akteuren, die die Oper in einer dem Sommernachstabend angepassten, fröhlichen ‘Commedia dell’ arte’ bereichern. Das bringt Leben und Farbe auf die Bühne und bleibt immer im Rahmen der Oper und ihrer Bedeutung. Es geht hier schließlich um Liebe, Moral und Scheinmoral, und das hat Emma Dante bildlich vortrefflich umgesetzt.
Weil der Magier die kesse Diemut öffentlich geküsst hat, rächt sich diese an ihm, in dem sie ihm Avancen macht, ihn erfolgreich auf einen aus dem Fenster gehängten Stuhl lockt und ihn daran hochzieht…aber nicht ganz: er bleibt vor der Hausfassade hängen, zum Gespött der Einwohner. Doch der Magier lässt sich das nicht bieten. Er löscht per Zauberspruch sämtliche Lichter in der ganzen Stadt und taucht sie in komplette Finsternis.
Erst durch einen « heiß jungfräulichen Leib“ sollen das Licht sich wieder neu entflammen. Das Entsetzen der Bürgerschaft ist groß. Man fordert Diemut auf, durch ein Liebesopfer den Zauber zu beenden, woraufhin sie den Zauberer ganz in ihre Kammer zieht und die Lichter und Feuer der Stadt wieder aufflammen.
Die Handlung der Oper ist also von Emma Dante einfallsreicher Inszenierung komplett gerettet, genau wie auch der Dirigent Gabriele Ferro die Musik rettet, indem er das Wagnerianische, was noch übrig geblieben war, unterdrückt und den Samen richtiger Strauss-Musik aufgehen lässt. Es ist erstaunlich, wieviel ‘Rosenkavalier’, ‘Salome’ und Co. hier schon im Nukleus zu hören ist.
Die beiden Hautrollen werden von Nicola Beller Carbone (Diemut) und Dietrich Henschel (Kunrad) gesungen. Darstellerisch sind beide großartig und derweil Beller Carbone auch stimmlich überzeugt, stösst Dietrich Henschel manchmal an die Grenzen seiner Stimme.
Die Nebenrollen sind gut besetzt, die Chöre haben wohl etwas Probleme mit dem Deutschen, aber das Orchester kommt mit der Partitur gut zurecht, so dass die musikalische Bilanz positiv ist. Nichtsdestotrotz wäre auch die Musik allein nicht genug, um das Interesse des Zuschauers zu schüren, wäre da nicht die geniale Inszenierung von Emma Dante, für die diese Strauss-Oper eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration war. Köstlich, absolut köstlich!