Mit großem technischen Aufwand produzierte ‘France Télévision’ gestern Abend am Fuße des Eiffelturms in Paris das ‘Concert de Paris’, eine Open Air-Gala zum französischen Nationalfeiertag, in der Glamour die musikalische Qualität ersetzte.
Eine Menge von 400.000 hatte sich auf dem ‘Champ de Mars’ eingefunden, wovon nur einige wenige Tausend in den Genuss der Musik kamen, weil an Beschallung und Grossbildschirmen gespart worden war. Entsprechend unruhig verhielt sich das Publikum, das ohnehin vor allem wegen des grandiosen Feuerwerks gekommen war, das sich die Stadt 550.000 Euro (sic!) kosten ließ.
Pannen beim Konzert gab es zuhauf, vor allem weil die Musik immer wieder begann, ehe der pompös-geschwätzige und im Grunde unwissende Stéphane Berns seine schwülstige Moderation beendet hatte.
Musikalisch war auch nicht gerade alles vom Feinsten. Daniele Gatti sündigte mehrmals durch sträflich langsame Tempi (bestes Beispiel: der Kinderchor aus Bizets ‘Carmen’). Edward Elgars Marsch Nr.1 fehlte nicht nur der ‘Pomp’, sondern auch der Elan, und es blieb nur noch eine fade ‘Circumstance’. Aber, dass musikalisch das Orchester auf der akustisch unzulänglichen Glasbühne überhaupt zusammenblieb, grenzt fast an ein Wunder, zumal die Musiker auch noch durch unsäglich kitschige Lichtspielereien abgelenkt wurden.
Piotr Beczala trickste sich mehr oder weniger gut durch die Radames-Arie ‘Ritorna Vincitor’, und mit der Intonation nahm er es auch nicht besonders genau. In Umberto Giordanos ‘Andrea Chénier’-Arie ‘La mamma morta’ klang Anna Netrebko seltsam matt und glanzlos. Außerdem hatte sie erhebliche Synchronisierungsprobleme mit dem Orchester.
Gottfried Heinrich Stolzels ‘Bist du bei mir’ mit Natalie Dessay und Laurent Naouri passte nicht ins Programm und wirkte extrem schwach in Kontext der übrigen Werke. Die beiden Sänger kamen besser mit Michel Legrands Duo aus ‘Les Parapluies de Cherbourg’ herüber. Großartig waren Olga Peretyatko und Elina Garanca in einem sehr stimmungsvollen Duett aus ‘Lakmé’. Hingegen war Elina Garanca in ‘Ah que j’aime les militaires’ aus Offenbachs ‘La Grande-Duchesse de Gerolstein’ darstellerisch von großem Armut. Schön brav Notensingen genügt eben nicht. Das ist ein Problem von Frau Garanca, das ihre Bewunderer nicht wahrhaben wollen.
Juan Diego Florez war durch den Amerikaner Lawrence Brownlee ersetzt worden, der mit seiner angenehm timbrierten Stimme einen guten Eindruck hinterließ.
Dass Gatti einwilligte, von Tchaikovskys Ouvertüre 1812 nur den Schlussteil zu dirigieren, zeugt von einem seltsamen Musikverständnis.
Das Summum der Peinlichkeit aber waren die Grossaufnahmen auf Netrebko und Co während der abschließend gesungenen ‘Marseilleise’, bei denen man deutlich sah, dass den Stars der Text zum französischen Nationallied nicht gerade geläufig war.
Da beim anschließenden Feuerwerk Mozarts Requiem als Begleitmusik benutzt wurde, kann man nur schlussfolgern, dass es düster aussieht für François Hollandes Frankreich. Oder vielleicht auch nur für ihn?