Und wieder sind wir um eine Enttäuschung reicher! Die Deutsche Grammophon, einst Synonym für edelste und beste Klassik, scheint tatsächlich eine Firma von Managern und nicht von Musikliebhabern zu sein, der es nur noch um die Vermarktung eines Namens geht. Dass die Mehrheit der Leute heute viel zu sehr auf marktstrategisch eingesetzte Namen abfährt, das zeigt auch der momentane Erfolg eines Egomanen und Narziss‘ wie Donald Trump. Doch der richtet bei weitem mehr Schaden an, als diese ‘harmlose’ Neuaufnahme von Puccinis ‘Manon Lescaut’.
Hier ist es Anna Netrebko, die die Sache richten soll. Und das tut sie mit ihrer warmen, flexiblen und ausdrucksstarken Stimme nicht einmal schlecht. Doch wie Remy Franck an dieser Stelle schon öfters darauf hingewiesen hat, sei insbesondere den jüngeren und unerfahrenen Hörern an Herz gelegt, sich einmal die alten und älteren Aufnahmen mit Maria Callas, Mirella Freni, Renata Tebaldi oder sogar Monserrat Caballé und Lucia Albanese anzuhören. Wie gesagt, Netrebko bietet hier einen sehr guten Gesang und trägt somit die ganze Last dieser insgesamt armseligen Produktion der Salzburger Festspiele auf ihren Schultern. Dass das nicht gutgehen kann, merkt der Hörer schon innerhalb der ersten Viertelstunde.
Weder Armando Pina als Lescaut noch der Tenor und Netrebko-Ehemann Yusif Eyvazov können auf diesem Niveau mithalten. Ja, Eyvazov ist sogar ein richtiges Ärgernis; mit seiner schlecht fokussierten, in allen Lagen überforderten Stimme ist er wohl einer der schlechtesten Des Grieux-Sänger der Schallplattengeschichte. An Sänger wie Domingo, Pavarotti, den jungen Carreras oder Giuseppe di Stefano darf man da gar nicht erst denken. Schade, denn ein angenehmes, ja sogar ansatzweise schönes Timbre ist durchaus vernehmbar.
Die Deutsche Grammophon hat eine Superaufnahme von 1984 mit Freni, Domingo, Bruson und dem ‘Philharmonia Orchestra’ unter Giuseppe Sinopoli im Programm. So lange das Label sich nicht selbst überbieten kann, sollte es 25 Jahre später diese Aufnahme weiterhin ins Rampenlicht stellen und nicht eine unbefriedigend Alternative anbieten.