Das auf die Aufführung zeitgenössischer Musik fokussierte Mivos Quartet hat die Quartette von Steve Reich schon häufig im Konzert gespielt. Insofern lag es nahe, der Einladung des Komponisten zu folgen, die drei Werke zusammen aufzunehmen. Dabei stand dem Quartett der inzwischen 86-jährige Reich mit Ratschlägen zu musikalischen Details und zu Stilfragen zur Seite.
Mit der Verwendung wechselnder rhythmischer Muster und Phasen wurde Reich zu einem der profiliertesten Komponisten der Gegenwart. Obwohl sein kompositorischer Stil für ein Streichquartett wenig geeignet scheint, hat er einen Weg gefunden, in dem er alle vier Stimmen wie ein Instrument behandelt. Ein anderer Aspekt seiner Werke ist die Hinwendung zur Sprachmelodie, die er expressiv auf- und abschwellen lässt.
Mit Different Trains legte er seine erste Umsetzung vor, in der das Spiel der Instrumentalisten mit voraufgezeichneter Sprache und zusätzlich voraufgezeichneter Musik kombiniert wird. Er bezieht sich auf unterschiedlichen Zugfahrten, nämlich seine eigenen als Jugendlicher in den USA, und andererseits die zeitgleichen jüdischer Kinder in Europa in die Lager der Nazis.
Zuletzt entstand WTC 9/11, das ebenfalls auf Sprachaufnahmen basiert, die im Kontext der Terroranschläge auf das New Yorker World Trade Center 2001 entstanden sind. Präzise abgestimmt erklingen die Instrumente zu den Stimmen der betroffenen Menschen und auch Aufnahmen der Psalmen, die auf Hebräisch gesungen werden. Dabei versteht Reich die Notation als Leitfaden, an dem sich die Musiker orientieren sollen, um das zu entwickeln, was sie aus ihren Stimmen hören.
Das Triple Quartet dagegen ist ein reines Instrumentalstück. Ein Ensemble nimmt die Musik für zwei Quartette auf und spielt den dritten Teil dazu im Konzert. Der Bratscher des Mivos Quartet hat dazu ausgeführt, dass sie bei ihrem Spiel kürzere und schärfere Artikulationen verwenden, um den Text zu ergänzen bzw. um die Akzente und wechselnden Metren im Triple Quartet hervorzuheben.
Für den Hörer ergibt das ein sehr klar strukturiertes und markantes Klangerlebnis. Vergleicht man das mit den früheren Aufnahmen des Kronos Quartet, so wirkt diese neue Sicht dadurch ein wenig spröder und kantiger oder, um ein großes Wort zu benutzen, weniger romantisch. Aber das eröffnet bei dieser Musik eben auch den Zugang in diese tönende Weltsicht auf eine noch modernere und für diese Werke stringente Weise. Leichte Verschiebungen im Verhältnis zu den Tonbändern bieten eine gewisse Freiheit, elastischer zu agieren und damit die Stücke vorsichtig aus dem Exoskelett zu lösen, das durch die Tonbandeinspielungen vorgegeben scheint. So fügt das Mivos Quartet den Kompositionen eine persönliche Komponente hinzu, die man in Anbetracht der Vorgaben vielleicht nicht erwartet hat. So gelingt es dem Ensemble auch, die stilistischen Ähnlichkeiten der Werke doch auch in graduelle Differenzierungen umzusetzen, so dass drei Kompositionen deutlich werden und nicht nur die andauernde Fortschreibung eines Stils.
Mivos Quartet, which focuses on the performance of contemporary music, has often played Steve Reich’s quartets in concert. It was therefore only natural to accept the composer’s invitation to record the three works together. Reich, who is now 86 years old, provided the quartet with advice on musical details and questions of style.
Reich’s use of alternating rhythmic patterns and phases has made him one of the most distinguished composers of our time. Although his compositional style seems ill-suited to a string quartet, he has found a way in which he treats all four voices as one instrument. Another aspect of his works is his turn to speech melody, which he allows to swell and decay expressively.
With Different Trains he presented his first realization in which the playing of the instrumentalists is combined with prerecorded speech and additional prerecorded music. He refers to different train journeys, namely his own as a young man in the US and on the other hand the contemporaneous ones of Jewish children in Europe to the Nazi camps.
Most recently, WTC 9/11 was created, which is also based on voice recordings made in the context of the terrorist attacks on New York’s World Trade Center in 2001. Precisely coordinated, the instruments resound to the voices of the people affected and also recordings of the psalms, which are sung in Hebrew. Here, Reich sees the notation as a guide for the musicians to develop what they hear from their voices.
Triple Quartet, on the other hand, is a purely instrumental piece. An ensemble records the music for two quartets and plays the third part to it in concert. The violist of the Mivos Quartet explained that they use shorter and sharper articulations in their playing to complement the text or to emphasize the accents and changing meters in the Triple Quartet.
For the listener, this results in a very clearly structured and distinctive sonic experience. Comparing this to the Kronos Quartet’s earlier recordings, this new take seems a bit more brittle and angular as a result, or to use a big word, less romantic. But in this music, that just opens up access into this tonal worldview in an even more modern and stringent way for these works. Slight shifts in relation to the tapes offer a certain freedom to act more elastically and thus to carefully release the pieces from the exoskeleton that seems to be predetermined by the tape recordings. In this way, the Mivos Quartet adds a personal component to the compositions that one might not have expected, given the specifications. In this way, the ensemble also succeeds in translating the stylistic similarities of the works into gradual differentiations, so that three compositions become clear and not just the continuing continuation of one style.