Portraits; Alberto Ginastera: Quartett Nr. 1, Satz 1. Allegro Violento ed Agitato, Florence Price: Quartett Nr. 1, Satz 2 Andante Moderato – Allegretto, Franz Schubert: Quartett Nr. 14, “Der Tod und das Mädchen”, Sätze I. Allegro und IV. Presto, Pjotr Ilyich Tchaikovsky: Quartett Nr. 1, Satz 2. Andante Cantabile; Viano Quartet (Lucy Wang, Hao Zhou, Violine, Aiden Kane, Viola, Tate Zawadiuk, Cello); 1 Digital Release Curtis Studio; Aufnahme 2023; Veröffentlichung 04.08.2023 (37'46) – Rezension von Uwe Krusch

Für Ihr Debüt auf CD, das gleichzeitig der Abschluss ihres Aufenthaltes am Curtis Institut ist, haben die vier Musiker vom Viano Quartet fünf Sätze aus vier Quartetten von unterschiedlichen Komponisten genommen. Dabei haben sie Werke großer Leidenschaft, dramatischer Tiefe und reichhaltiger Klangpalette ausgewählt. Von Ginastera über Price und Schubert bis zu Tchaikovsky bieten sie neben den bestens bekannten beiden Sätzen aus ‘Der Tod und das Mädchen’ vor allem kaum einmal programmierte Werke bis hin zu einem weitgehend unbekannten Satz aus dem ersten Quartett von Florence Price. Insofern haben sie eine spannende Auswahl getroffen, wenn man nicht den langen Atem einer vollständigen Werkdarstellung erwartet.

Bei ihren Interpretationen können sie sich, wie bei Musikern, die aus einer Institution wie dem Curtis kommen, auf ihre technischen Fähigkeiten verlassen. Auch spürt man ihre direkte Verbindung mit den gewählten Werken und die Energie ihrer Darbietung. Damit bieten sie dem Zuhörer einen nahen Blick auf das Ensemble, der es auf einer sehr persönlichen und emotionalen Reise wahrnimmt.

Hinsichtlich der Interpretationen fokussiert das Ohr zunächst auf den zuerst eingespielten Schubert. Hier findet sich alles an Energie und Gestaltung, was man erwartet. Aber man nimmt auch wahr, dass es sich um eine durchaus gelungene Interpretation handelt, für die man sich aber viele weitere subtil gestaltete Elemente im Detail vorstellen könnte, die andere Quartette bieten. Da böten sich noch größere dynamische Differenzierungen an ebenso wie die Frage, wie die Fermatenpausen gehandhabt werden oder wie Schattierungen im Ton noch geheimnisvoller klingen könnten. Insofern ist hier alles richtig, aber nicht besonders.

Für Tchaikovsky treffen sie den stimmungsvollen melancholischen Ton und bieten damit eine passende Interpretation. Der Satz von Price zeigt im ersten Moment eine Ähnlichkeit mit dem von Tchaikovsky, dann aber entwickelt sich das Werk in eine ganz andere Richtung.

Mit Ginastera bieten sie dann noch die modernste Musiksprache in diesem Kontext an, die in ihrer Komplexität an Bartok oder Strawinsky erinnern mag. Auch wenn Ginastera folkloristische Einflüsse seiner argentinischen Heimat in dem Werk minimierte, mag man hier das Leben der Gauchos heraushören, dass die vier Musiker lustvoll ausspielen.

For their debut on CD, which is also the conclusion of their residency at the Curtis Institute, the four musicians have taken five movements from four quartets by different composers. In doing so, they have chosen works of great passion, dramatic depth and rich tonal palette. From Ginastera to Price and Schubert to Tchaikovsky, they offer not only the best-known two movements from « Death and the Maiden », but also works that have hardly ever been programmed, including a movement from Florence Price’s first quartet that is widely unknown. In this respect they have made an exciting selection, if one does not expect the staying power of a complete presentation of the works.

In their interpretations, as with musicians who come from an institution like the Curtis, they can be relied upon for their technical ability. One also senses their direct connection with the chosen works and the energy of their performance. Thus, they offer the listener a close view of the ensemble, perceiving it on a very personal and emotional journey.

Regarding the interpretations, the ear first focuses on the Schubert recorded first. Here one finds all the energy and design that one expects. But one also perceives that this is a thoroughly successful interpretation, for which one could, however, imagine many more subtly shaped elements in detail that other quartets offer. There would be even greater dynamic differentiations as well as the question of how the fermata pauses are handled or how shadings in the tone could sound even more mysterious. In this respect, everything is right here, but not particularly so.

For Tchaikovsky, they hit the moody melancholy note and thus offer a fitting interpretation. Price’s movement shows a resemblance to Tchaikovsky’s at first, but then the work develops in a very different direction.

Then, with Ginastera, they offer the most modern musical language in this context, which may remind one of Bartok or Stravinsky in its complexity. Even if Ginastera minimized folkloristic influences of his Argentine homeland in the work, one may hear the life of the Gauchos here, which the four musicians play out with relish.

 

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