Franz Schmidts dreiaktige Oper Fredigundis stammt aus dem Jahre 1922 und spielt in Neustrien (Neustrie, Königreich des merowingischen Frankreichs im heutigen Nordmittelfrankreich) in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Der Stoff war zuvor schon von Ernest Guiraud in seiner von Camille Saint-Saëns vollendeten Oper Frédégonde sowie von Reinhard Keiser (1674-1739) mit seiner Oper Fredegunda (bei Naxos erhältlich) benutzt worden.
Bei Schmidt ist die lüsterne Fredigundis die Geliebte von König Chilperich, die dessen Frau Galswintha ermordet, um den König ganz für sich zu gewinnen. Dieser überhört die Warnungen seines Vaters Drakolen und des späteren Erzbischofs von Rouen, Landerich, der selbst ein Auge auf die rassige Frau geworfen hat.
Fredigundis heiratet Chilperich und bringt ein kränkliches Kind zur Welt.
Der Bischof – er heißt jetzt Praetextatus – fordert sie auf zu entsagen, auf die Krone zu verzichten und ihre Schuld einzugestehen; erst dann werde Gott ihr verzeihen und das Kind retten. Zum Schein geht Fredigundis darauf ein. Als Praetextatus zum Bett des Kindes geht, mischt sie einen Gifttrank für ihn, den jedoch Chilperich trinkt. Das Kind stirbt, genau wie Chilperich. Fredigundis will ihren Gemahl durch beschwörende Tänze wieder zum Leben erwecken, doch sie fällt selber der Ekstase zum Opfer und stirbt.
Musikalisch ist Fredigundis eine großartige Oper, die an Richard Strauss erinnern mag, nicht zuletzt wegen des Sujets. Dass sie nach der Uraufführung nur einmal gespielt wurde, 1979, konzertant in Wien, ist eigentlich unverständlich. Die vorliegende Aufnahme, die zuvor bereits auf LP und bei Premiere Opera auf CD veröffentlicht wurde, ist nun in guter Tonqualität bei Orfeo erhältlich, weil hier die Originalbänder vom ORF benutzt und restauriert wurden.
Die Qualität der Aufführung schwankt. Anfangs und auch im weiteren Verlauf hat das Orchester hörbar Schwierigkeiten mit der komplexen Partitur von Franz Schmidt, die übrigens nicht in voller Länge, sondern mit etlichen Schnitten aufgeführt wurde.
Die Besetzung ist ebenfalls unterschiedlich geraten. Die dramatische Mezzosopranistin Dunja Vejzovic, die durch ihre Wagner-Rollen in Bayreuth und Salzburg berühmt wurde singt die Titelrolle ganz großartig, stimmgewaltig und ausdrucksvoll. Martin Egel hingegen ist durch die Rolle des Landerich/Praetextatus etwas überfordert, während Werner Hollweg durchwegs als Chilperich überzeugt. Auch Reid Bunger ist als stimmlich ausgewogener Herzog Drakolen eine gute Besetzung.
Der österreichischen Dirigent Ernst Märzendorfer kommt mit der Musik gut klar und dirigiert spannungsvoll und flüssig, auch wenn, wie gesagt, das Orchester in der Qualität zu wünschen übrig lässt.
Dennoch: da dies die einzige Möglichkeit ist, die prächtige Schmidt-Oper zu hören, sollte kein Opernfreund diese Gelegenheit verpassen. Andererseits bleibt zu hoffen, dass der eine oder andere Opernproduzent darauf aufmerksam wird und mit guten Mitteln versucht, die Musik noch attraktiver zu machen als in der vorliegenden Liveaufnahme.
Franz Schmidt’s three-act opera Fredigundis dates from 1922 and is set in Neustria (Neustrie, kingdom of Merovingian France in present-day north-central France) in the second half of the 6th century. The material had previously been used by Ernest Guiraud in his opera Frédégonde, completed by Camille Saint-Saëns, and by Reinhard Keiser (1674-1739) in his opera Fredegunda (available on Naxos).
In Schmidt’s opera, the lascivious Fredigundis is the lover of King Chilperich, who murders his wife Galswintha in order to win the king over completely. He ignores the warnings of his father, Drakolen, and the future Archbishop of Rouen, Landerich, who himself has his eye on the racy woman.
Fredigundis marries Chilperich and gives birth to a sickly child. The bishop – now called Praetextatus – asks her to renounce her crown and admit her guilt; only then will God forgive her and save the child. For the sake of appearances, Fredigundis agrees. When Praetextatus goes to the child’s bed, she prepares a poisonous potion for him, but Chilperich drinks it. The child dies, as does Chilperich. Fredigundis tries to revive her husband with incantatory dances, but she herself falls victim to ecstasy and dies.
Musically, Fredigundis is a magnificent opera, reminiscent of Richard Strauss, not least because of its subject matter. The fact that it was performed only once after its premiere, in a concert in Vienna in 1979, is almost incomprehensible. This recording, previously released on LP and by Premiere Opera on CD, is now available on Orfeo in good sound quality, as the original ORF tapes were used and restored.
The quality of the performance varies. At the beginning, and also later, the orchestra has audible difficulties with Franz Schmidt’s complex score, which, incidentally, was not performed in its full length, but with several cuts.
The casting is also uneven. The dramatic mezzo-soprano Dunja Vejzovic, known for her Wagner roles in Bayreuth and Salzburg, sings the title role beautifully, with a powerful and expressive voice. Martin Egel, on the other hand, is somewhat overburdened by the role of Landerich/Praetextatus, while Werner Hollweg is convincing as Chilperich throughout. Reid Bunger is also well cast as the vocally balanced Duke Drakolen.
Austrian conductor Ernst Märzendorfer has a good grasp of the music and conducts with tension and fluidity, even when the orchestra is not at its best. As I said, the quality of the orchestra leaves something to be desired.
Nevertheless, since this is the only way to hear the great Schmidt opera, no opera lover should miss this opportunity. On the other hand, it is to be hoped that one or the other opera producer will take notice and try to make the music even more attractive than in this live recording.