Musikalische Preziosen lassen sich immer wieder in den verschiedensten Archiven entdecken. Das gilt auch oder vielleicht insbesondere für solche Werke, deren Soloinstrumente nicht allgemein im Rampenlicht stehen. Zu diesen zu Unrecht weniger beachteten Instrumenten zählt die Oboe, die mit ihrem speziellen warmen, mitunter auch als näselnd bezeichneten Klang, zwar auch moderne Interpreten und Komponisten von Rang findet, aber vornehmlich als Soloinstrument des Barock gesehen wird.
Einer der profiliertesten Oboisten unserer Tage, Albrecht Mayer, Solist der Berliner Philharmoniker, ist, diesmal zum Thema ‘Tesori d’Italia’ fündig geworden. Neben einem Konzert des jedermann bekannten Antonio Vivaldi ist er auch auf Werke von Domenico Elmi und Giovanni Alberto Ristori gestoßen sowie solche von Giuseppe Sammartini, dessen Bruder Giovanni Battista als Komponist heute bekannter ist. Elmi und ein Konzert von Sammartini sind Ersteinspielungen.
Wenn Albrecht Mayer diese fünf Schätze hebt, dann wird man das Verdikt ‘näselnd’ schnell vergessen und sich stattdessen an der tonlichen Schönheit, der technischen Meisterschaft und der musikalischen Ausformulierung erfreuen, die so leicht nicht mehr zu überbieten ist.
Hier wird die Oboe zu einem leichtfüßigen geschmeidigen Hauptdarsteller, dessen Charme der Zuhörer sofort erliegt.
Je nachdem, welche Herkunft oder Zielrichtung der Musik Mayer gerade verfolgt, sucht er sich seine Begleiter aus. Für diese Musik vom italienischen Stiefel hat er mit den ‘I Musici di Roma’ ein in reinster italienischer Wolle gefärbtes Ensemble ausgewählt, dass schon seit Jahrzehnten als Botschafter seines Heimatlandes vielreisend auftritt. Man kann sagen, dass das Ensemble früher oft seine Programme herunterspulte. Heute darf man diesem Kammerorchester eine erfreuliche Entwicklung bescheinigen, die jedoch den homogenen und fleischigen Klang nicht leugnet, der sie von anderen Ensembles, die einen spartanischeren und spitzeren Klang bevorzugen, unterscheidet. Für die dem Melos geneigte Oboe ist diese Spielweise sicherlich vorteilhaft. So werfen sich Orchester und Solist die Spielbälle zu wie die Wellen in Venedig die Sonnenstrahlen reflektieren.