Franz Schubert / Anton Webern: 6 Deutsche Tänze D 820; Josef Strauss: Frauenherz Polka op. 166, Delirien Walzer op. 212, Pêle-mêle Polka op. 161; Franz Schubert: Symphonie Nr.9 D 944 (Die Große); Wiener Philharmoniker, Nikolaus Harnoncourt (2009)
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 op 58; Pierre Boulez: Notations I-IV & VII; Anton Bruckner: Te Deum; Dorothea Röschmann, Elina Garanča, Klaus-Maria Vogt, René Pape, Wiener Staatsopernchor, Wiener Philharmoniker, Daniel Barenboim (2010)
Alban Berg: Lulu Suite, Der Wein; Gustav Mahler: Das Klagende Lied; Anna Prohaska, Dorothea Röschmann, Anna Larsson, Johan Botha, Wiener Staatsopernchor, Wiener Philharmoniker, Pierre Boulez (2011)
4 DVD C-Major 713608; Bild 16:9; Stereo & Surround; 2008-11(365') - Rezension von Remy Franck
Die erste DVD aus diesem Set, die ich einlegte, war die mit Boulez und Barenboim. Zwei gute Musiker hatte ich erwartet, zwei kraftlose Opas sah ich. Gleich in Ravels ‘Valses Nobels et Sentimentales’ dirigiert Boulez so teilnahmslos, dass alles auf der Strecke bleibt, was hätte Leben in dieses Opus bringen können. Das Publikum klatscht so gelangweilt, wie es wohl war. Dann kommt Barenboim zum Bartok-Konzert: es wird ein Gipfeltreffen zweier Opas. Kein Feuer gibt es, selbst da, wo die Musik schneller fließt. Die Wiener Philharmoniker schauen ernst und gelangweilt drein, blasen und fiedeln genau langweilig daher. Das teuer zahlende Publikum glaubt wegen der Namen, es müsse gut gewesen sein und reagiert etwas intensiver, einige rufen sogar Bravo. Stravinskys Feuervogel wird genau so uninspiriert und brav dargeboten. Boulez dirigiert wie ein Roboter.
Wesentlich besser gelingt dem Franzosen das Berg-Mahler Programm auf der DVD von 2011. In den Siebzigerjahren hatte er von Mahlers ‘Klagendem Lied’ eine Mischfassung aus der langen Urfassung sowie der revidierten zweiteiligen und kürzeren Fassung aufgenommen. In dieser live in Salzburg entstandenen Einspielung dirigiert er die revidierte Fassung von 1898/99. Doch das ist nicht der einzige Unterschied: Boulez ist hier, sechsundachtzigjährig, gefühlvoller als vor vierzig Jahren, poetischer auch und farbiger im Sound. Das Schauermärchen wird von den Wiener Philharmonikern hinreißend musikantisch gespielt und farblich ausgeleuchtet. Die Solisten singen sehr impliziert und entsprechend expressiv. Auch der Wiener Staatsopernchor ist ein tragendes Element der Aufnahme. Sehr lyrisch und ebenfalls sehr poetisch, sehr ausdrucksvoll und angenehm flüssig dazu dirigiert Boulez auch Alban Bergs Lulu-Suite, in der Anna Prohaska im kurzen Lied der Lulu glänzt.
Buchbinder hat vom Klavier aus dirigierend eine brillante Version aller Beethoven-Konzerte abgeliefert, also auch des Vierten. Die Videos von C-Major hatten wir mit dem Supersonic ausgezeichnet. Was Buchbinder so gut gelang, will Barenboim in diesem Film gar nicht gelingen. Das ist weder Fisch noch Fleisch, sondern ein behäbiger, lustloser Beethoven, in dem die Wiener ihren Part absolvieren und Barenboim den seinen: ein richtiges Zusammenspiel gibt es nicht. Die ‘Notations’ von Boulez hat man auch schon elektrisierender gehört, aber das Brucknersche Te Deum hat Barenboim gut im Griff, da hört man endlich Musik in diesem Video.
Musikalisch am befriedigendsten ist das Konzert von 2009 unter Nikolaus Harnoncourt. Nach einem entspannten, aber auf hohem Niveau und sehr musikantisch gespielten ersten Teil (Schubert- und Strauss-Tänze) kommt eine sehr spannende, detailreiche, agogisch und dynamisch fein nuancierte und das Werk gut auslotende Interpretation der Großen C-Dur Symphonie zustande.
With Boulez and Barenboim delivering mostly boring or musically just correct concerts, Harnoncourt’s passionate Schubert saves the box from being a total disaster.