Die Philharmonie Luxembourg bietet mit ihrem breit gefächerten Angebot eine sonntägliche Matinee Reihe an, die Kammermusikensembles unter der Patronage der Freunde des OPL aus Mitgliedern und Gästen dieses Orchesters zusammenführt. Von den sechs Veranstaltungen der aktuellen Spielzeit sind etliche mit vertrauten Besetzungen bestückt. Das aktuelle Konzert jedoch, das Uwe Krusch für Pizzicato besucht hat, bot äußerst ungewöhnlich besetzte Werke.
Diese Reihe hat mehrere interessante Aspekte. So werden im eher zwanglosen Rahmen einem bunt gemischten legeren Publikum, Werke ganz unterschiedlicher Art angeboten. Damit ist auch ein Forum für die Musiker des OPL geschaffen, sich solistisch zu betätigen. Im Anschluss wird, auch das ein Merkmal der Serie, ein Apéritif geboten.
Eröffnet wurde mit einem Quartett des Tschechen Bohuslav Martinu. Dieses Werk vereint Klarinette, Horn und Cello, was schon einigermaßen selten ist und fügt dann eine kleine Trommel hinzu. In gut zehn Minuten entwickelt Martinu ein kraftvolles Hörerlebnis, bei dem dem Cello vor allem im langsamen Satz mit weitschwingenden Kantilenen eine bevorzugte Rolle zukommt. Hier zeigte Sehee Kim gute Spielkultur und sorgfältig gestalteten Ausdruck. Die kleine Trommel trug mit rhythmischen Elementen, aber auch zarten, fast liebevollen Einsprengseln ebenso wie die beiden Bläser die Unterhaltung mit.
Gleich einem Streichholzspiel, bei dem durch Umlegen neue Kombinationen entstehen, wurde dann ein Protagonist, der Schlagwerker, entfernt, um Geige und Klavier Platz zu machen. Damit stand an zweiter Stelle die Tanzallegorie Der Wind von Franz Schreker, die, so wollte es der Zufall, am Tage des aufziehenden Orkantiefs Sabine gespielt wurde. Dieses Stück verbreitet zwar nicht den Schrecken eines Orkans, aber sein Stil fügt sich ins Bild der Experimente im Wien der Zeit, bei denen mit neutönenden Vermischungen von Gattungen, hier Kammermusik und Tanz, experimentiert wurde. Das Stück offenbart, wie zuvor das Quartett von Martinu, eine freiere harmonische Sprache. Es changiert zwischen den Tonarten und führt weiträumige eigenwillige, sich gleichsam windende melodische Linien. Die Instrumentierung mit Mischungen aus Streicher- und Bläserklängen mutet orchestral an.
Mit, wie es schien, Erleichterung und Wohlgefallen, nahm das aperitiv gestimmte Publikum dann das Grand Septuor von Ferdinand Ries auf. Dieses melodiöse und leichter bekömmliche Werk machte den größeren Teil dieses Programms aus. Zu dem vorherigen Quintett gesellten sich nun noch ein zweites Horn und als weiteres Instrument ein Kontrabass hinzu. Dieses Grand Septuor erschien 1812. Welche Qualitäten man ihm zusprechen mag, lassen wir offen, denn zumindest in diesem Kontext ist es ein tragfähiges Werk. Im Tagesprogramm hatte man den neben Leo Halsdorf zweiten Hornisten, Andrew Young, vergessen aufzunehmen. Zusammen und auch ergänzt um den Klarinettisten Jean-Philippe Vivier bot die Bläserseite einen durch und durch gelungenen Beitrag zum Gelingen an. Quentin Jaussaud hatte in Der Wind eher noch eine Brise entfacht, lebte dann aber bei Ries deutlich zu. Kontrabassist Choul-Won Pyun grundierte das Gespielte, teilweise im Zehenspitzenduo mit der Cellistin, das Tongebäude nach unten absichernd.
Ries selber hat, wenn man Anlage und Ausdehnung des Werkes nimmt, ambitionierte Ziele verfolgt. Die Spieldauer von über einer halben Stunde und die vier Sätze verweisen auf die Symphonie und die klassischen Gattungen der Kammermusik. Der erste Satz beginnt noch langsam konventionell, das folgende Allegro des Kopfsatzes geht aber ungewöhnliche Wege. Beim zweiten Satz Marcia funebre lässt sich die Nähe zum gleichnamigen Satz der dritten Symphonie von Beethoven nicht leugnen. Mit beinahe 500 Takten ist das Scherzo ungewöhnlich ausgedehnt und beherrscht vom Kontrast eines instrumententypischen Hornmotivs und motorischer perpetuum Bewegung im Klavier. Das Finale, aus Elementen der Sonatenform mit einem Rondo kombiniert, führt dann alle Beteiligten zusammen, nachdem vorher weitgehend Duos oder Trios aus Klavier mit Streichern oder Bläsern agiert haben. Überhaupt, dem Pianisten, hier Nicolas Marzinotto, kommt eine sehr anspruchsvolle Aufgabe zu. Man könnte das Werk fast als Klavierkonzert mit Begleitung eines Kammerensembles ansehen. Marzinotto löste diese Aufgabe mit Bravour, was auch die anderen Musiker zu würdigen wussten.