Dies ist eine Aufnahme, von der man als Hörer sehr viel lernen kann. Es ist gewusst, dass Musik von Richard Strauss wirklich gut klingt, wenn sie von einem Toporchester wie der Staatskapelle Dresden, dem Concertgebouw Amsterdam oder den Wiener Philharmonikern gespielt wird. Jedoch verleiten die quasi unendlichen Möglichkeiten dieser Orchester die Musiker und Dirigenten gerne dazu, Strauss allzu plakativ und oberflächlich auszurichten. Und man weiß ebenfalls, dass diese Musik, dieses Effektvolle und Brillante durchaus aushält. Nun kommt ein Dirigent wie Sebastian Weigle daher und legt sich mit den ‘Großen“ an. Er weiß genau, dass sein Frankfurter Opern- und Museumsorchester ein hervorragender Klangkörper ist, der aber nicht mit den Wienern & Co zu vergleichen ist. Was macht also Weigle? Er akzeptiert die Grenzen seines Orchesters und versucht auch nie, darüber hinaus zu gehen. Vielmehr nutzt er die Chance und liest die ‘Alpensinfonie’ recht vertikal. Er verlässt somit den sicheren Pfad Strauss’scher Klangopulenz und bewegt sich auf den ‘Nebenpfaden’. Und wie ein Bergführer nimmt er den Hörer mit sich und zeigt ihm die ganze Alpenwelt von einer anderen Seite. Hier hört man plötzlich ganz neuartig wirkende Farben, neue Schattierungen, Crescendi und Akzente. Alles wirkt zwar vertraut und erscheint doch in einer komplett neuen Aufmischung, die der Musik unendlich gut tut. Und so fasziniert man von den Einspielungen Karajans, Thielemanns, Kempes und vielen anderen sein kann, man muss dieser Frankfurter Aufnahme allerhöchste Integrität und künstlerisches Können zugestehen.
Das Erlebnis ist sogar so stark, dass wir nicht umhin kommen, ihr hier die maximale Bewertung zukommen zu lassen, weil sich der Hörer hier auf eine wirklich durch und durch abenteuerliche Aufnahme freuen kann, eine Aufnahme abseits aller Klangklischees, dafür aber mit sehr viel Herz und Intelligenz.