Die Viola oder Bratsche kam erst in der Zeit von Johann Sebastian Bach so richtig ins Bewusstsein der Komponisten, wie man auch an dessen Brandenburgischen Konzerten (dem Dritten, in dem neben konzertierende Geigen und Celli auch Bratschen ebenso eingesetzt werden und dem sechsten Konzert, in dem zwei Violas gar als Solisten vorgesehen sind) sehen kann. Ob die Laute dadurch abgelöst wurde oder ob das nachlassende Interesse an diesem Instrument schon unabhängig davon eingesetzt hatte, lassen wir hier offen.
Um Kompositionen aus dieser Übergangszeit, um Laute oder Bratsche, geht es bei dieser Aufnahme. Im Zentrum steht Bach, so mit der Suite Nr. 5 für Bratsche, die Bach eigenhändig aus seinen Cellosuiten umgeschrieben hatte, einem Rondeau aus dem gemeinsamen Werk mit Leopold Weiss und die Kantate ‘Nun komm der Heiden Heiland’. Bach selber spielte Bratsche, aber nicht Laute, so dass die Erweiterung des Repertoires für die Viola wohl auch im eigenen Interesse lag. Dazu kommen französische Kompositionen vom Hofe des Sonnenkönigs. Die Suite von Robert de Visée, eine Ersteinspielung, und zwei ‘Airs’ von Michel Lambert, die eine Singstimme einbinden, zeugen von deren Qualitäten. Bach beschäftigte sich auch mit dem französischen Kompositionsstil, so dass ihm auch diese Werke bekannt sein mochten.
Nils Mönkemeyer hat sensible Musiker um sich gesammelt, darunter die Sopranistin Dorothee Mields für die beiden ‘Airs’. Sie entwickelt diese Kleinodien mit Charme und Leichtigkeit, was von den Instrumentalisten geteilt wird. Andreas Arend mit Theorbe und Laute, Saara Kim als weitere Viola, ebenfalls bei den Airs sowie Niklas Trüstedt, Violone, geben ein Ruhe ausstrahlendes, die Musik intensiv erlebendes Ensemble, dessen Verinnerlichung sich auf den Hörer überträgt. Mönkemeyer steuert fast schon unsolistisch mit sonorem Spiel seine Soloparts bei, die mit souveräner Entspanntheit die Frühphase der Viola als selbständig wahrgenommenes extrovertiertes Instrument erlebbar machen.