Uwe Krusch – Die Konzerte und die Aufnahmen des Freiburger Barockorchesters versprechen üblicherweise immer höchsten Genuss. Und auch mit ihrer jüngsten Aufnahme versprühen sie den gewürzten Charme genussvoll und höchst gekonnt gespielter Barockmusik. Die Concerti all’arrabbiata, hier als pikant gewürzt gesehen, aber auch wild oder wütend bedeutend, bieten etlichen Orchestermusikern die Chance, sich auch solistisch vorzustellen. Und wie, mit welchem Können und überquellender Energie sie sich diesen Aufgaben widmen, wie sie schnelle und spritzige Passagen einem Feuerwerk gleich sprühend erklingen lassen, das überzeugt ohne Wenn und Aber.
Gleich zu Beginn werben die beiden Hornisten Bart Aerbeydt und Gijs Laceulle ebenso gekonnt wie markant für ihr Instrument in der Sinfonia von Telemann. In diesem Werk mit fünf Sätzen bieten die beiden Hornisten den speziellen Klang des Horns so überzeugend aus, dass man einfach überwältigt sein muss. Die CD endet dann wieder mit Telemann, mit dem als Grillen-Sinfonie bekannten Werk. Ob Telemann mit Grillen den seltsamen Einfall oder das mühsame Nachdenken, eine heute kaum noch bekannte Wortbedeutung, meinte, oder das Insekt, ist schwer nachzuvollziehen. Jedenfalls lässt er auch hier mit einem Augenzwinkern Musik erklingen, die in ihrer Lebendigkeit nicht einzufangen ist. Daniela Lieb, Flöte, und Lorenzo Coppola, Chalumeau, lassen ihre Instrumente jedenfalls zirpen und frohlocken.
Eingebettet darin finden sich zwei klassisch dreisätzige Konzerte, das für Oboe von Benedetto Platti und vom immer wieder gern gehörten Antonio Vivaldi für Fagott. Doch das Werk von Platti ist im Vergleich die eigentliche Entdeckung, kennt man doch diesen Komponisten, auch seine Lebensdaten, kaum. Das Oboenkonzert g-Moll mit Ann-Kathrin Brüggemann als Solistin, entpuppt sich als eines der interessantesten Werke für dieses Instrument. Insofern würde man ihm gerne, zumal in einer so exzellenten Lesart, gerne öfter begegnen.
Obwohl Vivaldi im Ospedale Waisenmädchen unterrichtete, die Streichinstrumente spielten, entstammen aus seiner Feder auch 39 Konzerte für Fagott. Das Konzert in Es-Dur wird von Javier Zafra mit allem Engagement und technischen Fähigkeiten zum Fliegen gebracht. Raus aus der Continuo Rolle katapultiert er das tiefste Holzblasinstrument in die erste Reihe.
Das Concerto grosso von Geminiani, nach der Vorgabe des Lehrers Corelli entworfen, bildet den Höhepunkt der grillenhaften Gedanken, verursachte es doch zu seiner Zeit etwas, was man wohl Exzesse nennen darf, es hatte geradezu drogenhafte Wirkung. Auch hier bieten die Musiker vom Freiburger Barockorchester geradezu süchtig machende Musik. Aber wann tun sie das eigentlich nicht?
The concerts and the recordings of the Freiburger Barockorchester usually always promise the highest pleasure. And also with their latest recording they exude the spiced charm of enjoyably and highly skillfully played baroque music. Concerti all’arrabbiata, here seen as spicy, but also wildly or furiously significant, offer quite a few orchestral musicians the chance to introduce themselves as soloists as well. With skill and overflowing energy they dedicate themselves to these tasks, make fast and sparkling passages sound like fireworks, and convince without ifs and buts.
Right at the beginning, the two horn players Bart Aerbeydt and Gijs Laceulle promote their instrument skillfully and strikingly in the Sinfonia by Telemann. In this five-movement work, the two hornists offer the special sound of the horn so convincingly that one simply has to be overwhelmed. The CD then ends again with Telemann, with the work known as the Cricket Symphony. Whether Telemann meant by crickets the strange idea or the laborious pondering, a word meaning hardly known today, or the insect, is difficult to say. In any case, he also lets music sound here with a twinkle in his eye. Daniela Lieb, flute, and Lorenzo Coppola, chalumeau, let their instruments chirp and rejoice in this lovely piece.
Embedded are two classical three-movement concertos, the one for oboe by Benedetto Platti and by the ever-popular Antonio Vivaldi for bassoon. However, the work by Platti is the real discovery, since this composer is hardly known. The Oboe Concerto in G minor, with Ann-Kathrin Brüggemann as soloist, turns out to be one of the most interesting works for this instrument. In this respect, one would like to encounter it more often, especially in such an excellent reading.
Although Vivaldi taught orphan girls who played string instruments at the Ospedale, he also wrote 39 concertos for bassoon. The Concerto in E-flat major is played by Javier Zafra with all his commitment and technical skill. Out of the continuo role he catapults the lowest woodwind instrument into the front row.
The Concerto grosso by Geminiani, designed according to the instructions of his teacher Corelli, is the culmination of the cricket-like thoughts. In its time it caused what one may call excesses, it had almost drug-like effects. Here, too, the musicians of the Freiburg Baroque Orchestra offer music that is downright addictive. But when do they actually not do that?
Guy Engels – Knapp 50 Minuten pures musikalisches Vergnügen erwartet denjenigen, der die Concerti all’arrabbiata in den CD-Spieler schiebt. Mit brillanter Klangrede, sprühendem musikalischem Einfallsreichtum unterstreicht das Freiburger Barockorchester, dass Barockmusik kein öder, formaler Einheitsbrei ist.
Jeder der hier gespielten Komponisten hielt sich nur bedingt an vorgegebene Formen. Alle hingegen nahmen sich jedoch die größte kompositorische Freiheit. Und so pfeift auch das Freiburger Barockorchester gelegentlich auf das gepflegte Spiel, lässt die Naturhörner bei Telemann in ihrer schönen Rauheit erklingen, verleiht der Oboe hingegen charmante Eleganz (Platti), entlässt das Fagott in spielerische Virtuosität (Vivaldi) und erfreut sich am Schluss dem launischen Spiel und Gezirpe von Telemanns Grillen.
Ein besonderer Genussmoment ist aber ohne Zweifel Geminianis Follia. Das Freiburger Barockorchester dreht stetig an der Spannungsfeder der Musik und ebenso an der Erwartungshaltung des Zuhörers, verzögert das bekannte Thema von Corelli und rauscht dann wiederum in die wirbelnde Follia, die sich im Laufe der Darbietung immer ekstatischer gestaltet.
Die Produktion mag vielleicht nicht die Schärfe des Titels – all’arrabbiata – haben, die musikalische Gewürzmischung hat es auf jeden Fall in sich.
Almost 50 minutes of pure musical pleasure await those who slide the Concerti all’arrabbiata into the CD player. With brilliant sonority, sparkling musical ingenuity, the Freiburg Baroque Orchestra emphasizes that baroque music is not a dull, formal one-size-fits-all mush.
Each of the composers played here adhered to predetermined forms only to a limited extent and all of them took the greatest compositional freedom. And so the Freiburger Barockorchester also occasionally whistles away at the cultivated playing, lets the natural horns of Telemann sound in their beautiful roughness, on the other hand gives the oboe charming elegance (Platti), releases the bassoon into playful virtuosity (Vivaldi) and at the end enjoys the whimsical playing and chirping of Telemann’s crickets.
A special moment of pleasure, however, is without a doubt Geminiani’s Follia. The Freiburg Baroque Orchestra constantly twists the suspense spring of the music and likewise the listener’s expectations, delaying Corelli’s familiar theme and then rushing again into the swirling Follia, which becomes increasingly ecstatic as the performance progresses.
The production may not have the hot spiciness of the title – all’arrabbiata – but the musical spice mix certainly has it.