Die unvollendet gebliebene Missa c-Moll KV 427 gilt als eines der herausragenden Werke der Sakralmusik seines Komponisten Mozart sowieso, aber auch darüber hinaus. Da die Komposition nicht vollendet wurde, hat es verschiedene Ansätze gegeben, eine Ergänzung oder gar Vervollständigung zu schaffen. Für seine Aufführung hat Marc Minkowski die in der Bärenreiter-Ausgabe von Helmut Eder 1985 ergänzte Version gewählt, die mit ihren knapp 50 Minuten Dauer eindeutig als Missa solemnis zu erkennen ist. Dabei hat er eine kleine Besetzung im Chor mit drei Sopranen und jeweils nur zwei Singenden in den anderen Stimmen gewählt, was Probleme hervorrufen kann, wenn dadurch Ungleichgewichte verursacht werden. Das Qui tollis etwa besteht aus Blöcken, die vehement aufeinanderprallen. Die Leichtigkeit des doppelten Gesangsquartetts setzt Anreize, die zahlenmäßige und damit kräftemäßige Unterlegenheit durch Anstrengung auszugleichen.
Die beiden Sopranistinnen Ana Maria Labin und Ambroisine Bré bieten mit leichten und beweglichen Stimmen eine gute Anlage, um die für Mozart mit dem Werk ursprünglich verbundene Freude zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere Ana Maria Labin hat hier größere Soli zu bewältigen, was sie mit viel Geschick angeht und ihr meist auch mit der gewünschten Geschmeidigkeit gelingt. Der Tenor Stanislas de Barbeyrac kann ebenfalls mit einem Solo zusammen mit den beiden Sopranistinnen hervortreten, während der Bassist Norman Patzke nur im Solistenquartett gefragt ist. Das Orchester Les Musiciens du Louvre folgt den vertrauten Dirigierbewegungen von Minkowski ebenso mühelos wie engagiert. Minkowski bevorzugt lebendige Tempi und einen geradlinigen Puls, der die Phrasierung am Atmen und das Aufblühen der Melismen nicht fördert.