In Zeiten, in denen Politiker, aber auch Menschen und Gruppen um sich und ihre Meinungen herum Mauern errichten und sich ein- bzw. andere ausgrenzen, geht diese Besprechung in die entgegengesetzte Richtung. Sind doch die beiden vorgestellten Werke stark vom Jazz geprägt, der hier üblicherweise nicht im Fokus steht.
Mateusz Smoczynski, Jahrgang 1984, ist ein polnischer Jazzviolinist und Komponist. Er war Mitbegründer des Atom String Quartet sowie Mitglied des Turtle Island Quartet. Als Komponist und Solist stellt er sein eigenes Violinkonzert, Adam’s Apple, vor. Smoczynski kam vor wenigen Jahren mit der Musik von John Adams in Kontakt, die sein Gespür für symphonische Musik neu gepolt hat. Bei Adams sieht er einen Jazz-Geist mit Elementen von Swing und Groove. Deshalb verwob er scheinbar widersprüchliche Komponenten zu einer kohärenten Form, beispielsweise Tonalität mit Atonalität sowie Monumentalität mit Minimalismus. Die Nähe zu Adams lässt sich unschwer aus dem Stück heraushören. Daneben aber entwickelt es turbulente Klangszenarien, die aus der heutigen Zeit stammen. Der Titel ‘Adams Apfel’ erklärt sich zum einen Teil durch John Adams, zum anderen als Anspielung auf die biblische Geschichte vom vergifteten Apfel.
An der Uraufführung von Zbigniew Seiferts Jazzkonzert für Violine, Sinfonieorchester und Rhythmusgruppe wirkte Smoczynski, zusammen mit Jazzgrößen wie Joachim Kühn mit. Das Konzert von Seifert ist kraftvoll und voller Turbulenz und Leidenschaft. Der Stil des Werks ist expressiv und seine Phrasierung auf der Geige entwickelt musikalische Vorstellungen des Jazz Saxophonisten John Coltrane weiter. Wirkt das Konzert aus heutiger Sicht auch etwas in die Jahre gekommen, so ist das Wiederhören doch sehr gewinnbringend.
Smoczynski ehrt mit seiner Einspielung Zbigniew Seifert und John Adams. Er zeigt damit nebeneinander verschiedene Richtungen, die die improvisierende Violine im Zusammenspiel mit einem Sinfonieorchester einschlagen kann.
Mateusz Smoczynski beherrscht sein Instrument und die speziellen Ausdrucksmöglichkeiten der Jazz-Violine ohne Einschränkungen. So kann er sich den Geist beider Werke aneignen und präzise zeigen. In seinem Metier steht er interpretatorisch so gut da wie klassische Geiger in ihrem. Vielmehr möchte man diese Kompositionen lieber von einem in dem Stil Eingeübten wie ihm hören als von jemandem, der sich mal daran versucht.
Für die Rhythmusgruppe findet Smocynski in Dominik Wania, Slawomir Kurkiewicz und Michal Miskiewicz Gleichgesinnte, die den Gestus der Musik beherrschen. Mit dem Kammerorchester der Chopin Universität, das von Rafal Janiak geleitet wird, hat er ein Orchester eingebunden, dass sich dieser Aufgabe mit Feuereifer und technisch brillant angenommen hat. Das mag auch daran liegen, dass mancher junge Musiker selber zwischen den Stilen pendelt und sich nicht festlegen möchte. In der Kunst ist schließlich noch Offenheit gefragt.
At a time when politicians, but also people and groups, are erecting walls around themselves and their opinions and therefore marginalizing others, this review goes in the opposite direction. After all, the two works presented are strongly characterized by jazz, which is not usually the focus here.
Mateusz Smoczynski, born in 1984, is a Polish jazz violinist and composer. He was a co-founder of the Atom String Quartet and a member of the Turtle Island Quartet. As a composer and soloist, he presents his own violin concerto, Adam’s Apple. A few years ago, Smoczynski came into contact with the music of John Adams, which reorientated his feeling for symphonic music. In Adams, he sees a jazz spirit with elements of swing and groove. He therefore wove seemingly contradictory components into a coherent form, for example tonality with atonality and monumentality with minimalism. The proximity to Adams can easily be heard in the piece. However, it also develops turbulent sound scenarios that originate from the present day. The title « Adam’s Apple » is partly explained by John Adams and partly as an allusion to the biblical story of the poisoned apple.
Smoczynski took part in the world premiere of Zbigniew Seifert’s jazz concerto for violin, symphony orchestra and rhythm section together with jazz greats such as Joachim Kühn. Seifert’s concerto is powerful and full of turbulence and passion. The style of the work is expressive and his phrasing on the violin develops the musical ideas of jazz saxophonist John Coltrane. Even if the concert may seem a little dated from today’s perspective, listening to it again is very rewarding.
Smoczynski honors Zbigniew Seifert and John Adams with his recording. In doing so, he shows the different directions that the improvising violin can take in combination with a symphony orchestra.
Mateusz Smoczynski masters his instrument and the special expressive possibilities of the jazz violin without limitations. He is thus able to appropriate the spirit of both works and demonstrate it precisely. He is as good an interpreter in his profession as classical violinists are in theirs. In fact, one would rather hear these compositions played by someone who is familiar with the style than by someone who is just trying his hand at it.
For the rhythm section, Smocynski finds like-minded musicians in Dominik Wania, Slawomir Kurkiewicz and Michal Miskiewicz, who have mastered the gesture of the music. With the Chopin University Chamber Orchestra, conducted by Rafal Janiak, he has brought in an orchestra that has taken on this task with fervor and technical brilliance. This may also be due to the fact that some young musicians themselves oscillate between styles and do not want to commit themselves. After all, openness is still required in art.