Ermanno Wolf-Ferrari gehörte vor dem Ersten Weltkrieg zu den meistgespielten Opernkomponisten. Dieser deutsch-italienische Tonsetzer hat aber auch gehaltvolle Kammermusik geschrieben, die ihm selbst wichtig war. Aus diesem Bereich bringen die beiden Interpreten die drei Sonaten für Violine und Klavier zu Gehör. Diese wenig bekannten Sonaten in romantischem Stil entstanden zu verschiedenen Zeitpunkten. Die erste schrieb der 19-jährige noch im Studium in München. Trotz ausgedehnter Gestaltung, die man der Unerfahrenheit zuschreiben darf, überzeugt sie schon mit ihrer Frische, partiell geradezu reizvoller Wirkung. Persönlicher im Ausdruck ist die Zweite, bei der er deutsches und italienisches Idiom verbindet. Die späte dritte Sonate geht mit neoklassizistischen Formen neue Wege. Trotz einer nicht machbaren Kategorisierung vereint seine Werke sein Streben nach einer Schönheit, die auf Wohlbefinden und Sinnlichkeit, nicht auf Regeln setzt.
Der Geiger David Alogna und der Pianist Costantino Catena bieten diese selten zu hörenden Werke nun in der wohl zweiten Gesamteinspielung an. Alogna gibt den ohnehin ausdrucksvollen Stücken seine gesamte gestalterische und auch technisch-spielerische Kraft mit. Bei sicherer Beherrschung des Metiers schafft er streckenweise Klänge, die neben der Musik auch vom Einsatz des Instrumentes begleitet werden. Wenn man Romantik bzw. romantisch heute meist mit einem sentimentalen Zustand des Reichtums an Gefühlen verbindet, so präsentiert Alogna die Musik und sich so gefühlsstark, dass man manchmal schlichtweg überwältigt sein mag. Wenn man den Reichtum an Gefühlen auch im Sinne eines versonnen Träumenden versteht, dann fehlt etwas Besinnliches an diesem Ausdrucksbemühen. Anders als in seiner Castelnuovo-Tedesco Interpretationen (Pizzicato-Rezension)
meint man, hier möglicherweise den teutonischen Anteil in Wolf-Ferrari stampfen zu hören, wo ein kraftvolles Ausschreiten gereicht hätte.
Costantino Catena bewährt sich daneben als aufmerksam mitgestaltender Pianist, der aber nicht den Faden der Ausdrucksformulierung an sich reißt, sondern eher wohldosiert seinen Anteil gestaltet und mit diesem Ansatz dazu beiträgt, dass die Interpretationen eine erfreuliche Bereicherung des Katalogs darstellen, da auch das Aufnahmeteam einen intensiven, aber klaren Zugang zu der Musik unterstützt.