Diese Aufführung beginnt mit einem großen Missverständnis. Die Ouvertüre einer Rossini-Oper ist keine Programmmusik und sollte nicht inszeniert und auch nicht mit Video-Trickfilm illustriert werden. Beides geschieht hier. Es mag sich lustig ansehen, aber es ist falsch. Aber danach funktioniert eigentlich alles auf der Bühne, vom in Unterwäsche herumlaufenden Mustafa zum kiffenden Lindoro und natürlich der kratzbürstigen Isabella.
Das Regieteam, Moshe Leiser und Patrice Caurier, hat die Handlung ins heutige Algier verlegt und aus dem Bey eine Art Mafioso gemacht, der seine langweilige Frau durch eine rassige Italienerin ersetzen will. So wird die Auseinandersetzung mit dem Islam geschickt umgangen, und dass Satellitenschüsseln die Straße in der algerischen Hauptstadt zieren, stört keineswegs. Mit dieser Produktion wurde gekonnt witzig eine Satire realisiert, und an Ideen fehlte es den beiden Regisseuren ebenso wenig wie dem Set-Designer Christian Fenouillat. Diese Italiana ist eine durch und durch lustige Sache!
Glücklicherweise machen die Sänger mit und spielen hinreißend, auch die, die nicht so gut im Singen sind. Dazu gehört Edgardo Rocha als Lindoro, dessen wendige Tenorstimme etwas dünn und in der Höhe immer wieder angestrengt klingt.
Ildar Abdrazakov singt und spielt den Mustafa sehr vital. Die Midlife-Krise besingt er mit schöner Tiefe und strahlender Höhe.
Stimmlich wie darstellerisch ist Cecilia Bartoli als Isabella in ihrem Element. Sie ist als Touristin nach Algier gekommen und scheint einem kleinen Liebesabenteuer gar nicht abhold zu sein, ehe sie sich dann der Suche nach Lindoro widmen will. Beide, weder der dickbäuchige Mustafa noch der zahme Lindoro haben da viel zu lachen. Mit Isabella-Cecilia ist nicht gut Kirschen essen. Vokal glänzt die Bartoli mit einer wie stets sehr wendigen Stimme, deren Atemtechnik nichts an Eigenart verloren hat. Die Höhe mag etwas enger geworden sein, aber die Tiefe ist kräftig und hilft ihr die Rolle so zu gestalten, wie sie ist, als eine starke Frau, die ihr Leben im Griff und keine Angst vor den ‘Barbaren’ hat, die sie zu Mustafas Geliebten machen wollen. Sie ist eine Berufsfurie!
Die Nebenrollen sind gut bis sehr gut besetzt.
Unterstützt werden die Sänger ganz exzellent vom Ensemble Matheus unter der zupackenden Leitung von Jean-Christophe Spinosi. Mit durchgehend schnellen Tempi kommt aus dem Orchestergraben eine dramatische und spannende Musik, die Rossinis Oper wirklich auf Trab bringt.