Sergei Prokofiev: Alle Klaviersonaten/ Complete Piano Sonatas; Dinara Klinton, Klavier, 3 CDs Piano Classics PCL10191; Aufnahme: 01 & 06/19, 01/20, Veröffentlichung 12/03/2021 (170') - Rezension von Alain Steffen
Diese Gesamtaufnahme der Klaviersonaten von Sergei Prokofiev kann auf eine unaufdringliche Art und Weise vollends überzeugen. Die 31-jährige ukrainische Pianistin Dinara Klinton vermeidet es durchgehend, einen zu virtuosen und effektreichen Prokofiev zu spielen. Stattdessen, und dabei wird sie von einer sehr guten Aufnahmetechnik unterstützt, interpretiert sie die Sonaten mit einer gewissen Eleganz und Intimität. Besonders dort, wo andere den Tastenlöwen herauslassen, schaut die Pianistin sehr genau hin und legt sonst ungehörte Feinheiten in der Partitur offen. Ja, manchmal besitzt dieser Prokofiev sogar etwas von den impressionistischen Farben eines Debussy.
Überhaupt sind es gerade dieser Farbenreichtum und die Liebe zum Detail, zur expressiven Feinheit, die diesen Prokofiev auszeichnen. Es versteht sich dabei von selbst, dass bei einer solch intensiven Auseinandersetzung jede Sonate ihren eigenen Charakter besitzt und sich demnach wohltuend von der Masse der vielen guten bis hervorragenden Prokofiev-Einspielungen abhebt.
Vielleicht kann man der Pianistin vorwerfen, nicht ‘russisch’ genug zu sein, was aber hinsichtlich der überragenden Interpretationsqualität zweitrangig ist, da Dinara Klinton uns einen in allen Punkten sehr persönlichen, eigenwilligen, innovativen und dabei ungemein kurzweiligen und spannenden Prokofiev bietet. Eine Gesamtaufnahme mit Stil, Drive, spieltechnischer Raffinesse und Referenzcharakter!
This complete recording of Sergei Prokofiev’s piano sonatas can fully convince in an unobtrusive way. The 31-year-old Ukrainian pianist Dinara Klinton avoids playing an overly virtuosic and effects-laden Prokofiev throughout. Instead, and she is aided by a very good recording technique, she is performing the sonatas with a certain elegance and intimacy. Especially where others tend to be showy, the pianist looks very closely and reveals otherwise unheard subtleties. Yes, sometimes this Prokofiev even has something of the impressionistic colors of a Debussy.
In general, it is precisely this richness of color and the care for detail and expressive subtlety, that distinguish this Prokofiev. It goes without saying that with such an intensive examination, each sonata has its own character and therefore stands out pleasantly from the mass of the many good to excellent Prokofiev recordings.
Perhaps one can accuse the pianist of not being ‘Russian’ enough, but this is of secondary importance with regard to the outstanding quality of the interpretation, since Dinara Klinton offers us a very personal, idiosyncratic, innovative and at the same time immensely entertaining and exciting Prokofiev. A complete recording with style, drive, technical sophistication and reference character!