Christoph König ist einer jener Dirigenten, deren künstlerischer Werdegang vom Korrepetitor über den Kapellmeister bis hin zum Opern- und Konzertdirigenten schon fast Seltenheitswert hat. Diese heute insbesondere im symphonischen Bereich außer Mode gekommene ‘klassische’ Dirigenten-Laufbahn führte ihn zunächst als Solo-Repetitor an die Sächsische Staatsoper in Dresden, ab 1997 als Erster Kapellmeister an das Opernhaus Wuppertal sowie 2001 als Erster Kapellmeister an die Oper Bonn.
Retrospektiv sieht König diesen Weg als sehr vorteilhaft an: « Ich hätte auch Assistent bei einem Symphonieorchester werden können, aber das ist keine so fundierte Entwicklung. In der Oper kann man als Kapellmeister durchaus mitbekommen, wie etwas schief geht und wie man lernt, zu reagieren. Als Assistent bei einem großen Symphonieorchester erlebt man so was nicht wirklich. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich ganz bewusst am Anfang Repetitor werden wollte. Das war eine klare Entscheidung. Ich hielt das für sehr wichtig. Dass der Sprung in die Symphonik dann so gut geklappt hat, dafür bin ich sehr dankbar. »
Der Preisträger der Herbert von Karajan Stiftung des Deutschen Musikrats ist seit 2010 Musikdirektor des Orchesters der Solistes Européens Luxembourg, bekleidete Chefdirigenten-Posten in Malmö und Porto und ist als Gastdirigent regelmäßig bei Orchestern wie dem Royal Philharmonic in London, dem Pittsburgh und Baltimore Symphony, dem BBC National Orchestra of Wales oder dem Orchestre de Paris anzutreffen, um nur diese zu nennen. Sein Terminkalender sieht entsprechend nach einer ständigen Weltreise aus.
Dieses viele Reisen sieht er aber nicht als Strapaze an, sondern es macht ihm Spaß: « Ich kann nur dankbar sein, dass ich viele Konzerte habe und meine Erfahrungen sammeln kann. Ich bin immer sehr neugierig gewesen. Und je mehr ich reise, umso mehr kann ich meine Neugier befriedigen. Ich spreche sieben Sprachen und kann in vielen Ländern mit den Leuten in ihrer Landessprache kommunizieren. So lerne ich die Menschen besser kennen. »
Auch als Operndirigent hatte Christoph König vor Jahren einen Namen. Dann konzentrierte er sich aus eigenem Wunsch auf das symphonische Repertoire, nicht zuletzt wegen seiner Liebe zu den Werken von Mahler, Bruckner, Richard Strauss und vor allem Beethoven.
Doch heute erwacht seine alte Liebe zur Oper erneut. Er kehrte zurück zu ihr mit dem Rosenkavalier am Opernhaus Chemnitz. Eine Wiedereinladung wird ihn 2021 an für eine Wiederaufnahme von Richard Wagners Walküre an dasselbe Haus führen. 2020 wird er am Teatro Colón in Buenos Aires Die Fledermaus dirigieren.
Christoph König wuchs in Dresden auf. Seine Mutter war Soloflötistin in Leipzig, und so ist er durch seine Eltern sehr zeitig in Kontakt mit Musik gekommen. Mit sechs hat er angefangen, Klavier zu spielen und mit acht wurde er Mitglied im Dresdner Kreuzchor. In der Folgezeit studierte er Orchesterdirigieren, Klavier und Gesang an der Musikhochschule seiner Heimatstadt.
Christoph König wollte nach eigener Aussage « relativ früh » Dirigent werden: « Schon als ich im Dresdner Kreuzchor sang, haben mich die Chorleiter fasziniert. Es war die Tatsache, dass man als Dirigent bestimmte Klänge und Stimmungen erreichen kann und auch die Kommunikation dazu, die mich schon mit neun Jahren den Entschluss fassen ließen, Dirigent zu werden. »
Das Singen, hat er nie ganz aufgegeben: « Heute noch, wenn ich aufwache, teste ich meine Stimme. Und der erste Gedanke, wenn ich vor ein Orchester trete, ist der nach der sängerischen Phrase. »
Als Dirigent hat er bei Colin Davis und Sergiu Celibidache gelernt, also bei zwei sehr gegensätzlichen Figuren: « Ich traf Davis als Repetitor an der Semper-Oper in Dresden und habe dort für ihn assistiert. Zu Celibidache bin ich gereist, weil ich das einmal erleben wollte. Beide haben für mich eine große Rolle gespielt, wobei die Zusammenarbeit mit Davis sehr fruchtbar war und der Kurs bei Celibidache sehr unbefriedigend. Ich hatte den Eindruck, dass sich Celi für uns nicht wirklich interessierte und sich sehr um sich selber drehte. Das war etwas frustrierend. Davis hat mir mehr gegeben, ich habe bei ihm gelernt, wie flexibel und geschmeidig man mit einem Orchester arbeiten kann. »
Von der Karriere her ist Christoph König heute sehr international. Die Frage, ob er sich dennoch als typisch deutschen Dirigenten ansieht, beantwortet er so: « Ich identifiziere zwei Dinge mit deutsch: Beharrlichkeit und Verbindlichkeit. Das ist mir extrem wichtig. Es darf nicht beliebig werden. Klanglich interessiert mich nicht die teutonische Härte, aber die deutsche Wärme. Die interessiert mich sehr! Der deutsche Orchesterklang ist für mich repräsentiert durch die Sächsische Staatskapelle Dresden, aber dort gibt es auch eine Leichtigkeit und eine Weichheit in den Streichern, die man nicht unbedingt mit dem Begriff deutsch in Verbindung bringt. Die Sächsische Staatskapelle ist nicht die kräftige deutsche Eiche, die sich nie biegt, sondern etwas sehr Flexibles. Aber richtig definieren, was ein deutscher Klang ist, das kann ich nicht. » Auch die Arbeit des Dirigierens klar zu benennen und abzugrenzen, « fällt selbst mir schwer. Für mich ist der Dirigent in erster Linie ein Künstler, der bewusst versucht, den musikalischen und philosophischen Dingen auf den Grund zu gehen und die Botschaft der Musik und des Komponisten zu begreifen. »
Mit dem Orchester der Solistes Européens Luxembourg hat Christoph König eine intensive Schallplattenarbeit unternommen. Dabei stehen Werke von Méhul, Beethoven, Berio, Schubert, Dvořák, Ives (Rubicon) und der zu Unrecht wenig bekannten französischen Komponistin Louise Farrenc (Gesamtaufnahme bei Naxos) auf dem Programm. Weitere Aufnahmen sind geplant, insbesondere eine Gesamtaufnahme aller Beethoven-Symphonien.
Dennoch steht der Dirigent der CD auch durchaus kritisch gegenüber: « Auf einer CD wird meines Erachtens nach der wesentliche Teil, nämlich die menschliche Komponente der Kommunikation und Dynamik, komplett ausgeblendet. Und somit kann keine CD je ein Konzerterlebnis ersetzen. »