Der erste Eindruck ist der Beste, sagt ein deutsches Sprichwort. Wer die aktuelle Scheibe des Ensemble Modern vom hauseigenen Label in die Hand nimmt erlebt, dass einem schon bei der ersten Berührung das klammergeheftete Beiheft lose entgegenfliegt. Und wenn man dann die Einführungsworte liest, staunt man erneut, weil bei zwei Werken der gleiche Text zwei Mal abgedruckt ist, aber außer über den Solisten nichts zu den Interpreten geschrieben wird. Versehen, Absicht, …? Das also ist der berühmte erste Eindruck? Na denn!
Das Lauschen bei den acht Beispielen für Werke mit solistischem Kontrabass ist dann zum Glück deutlich positiver. Paul Cannon, Kontrabassist des Ensemble Modern, hat seine Stücke zusammengestellt, um die Vielfalt heutiger Kompositionsformen und -techniken zumindest andeutungsweise zu zeigen. Daraus lässt sich wohl auch der Projekttitel ‘polyglot’ verstehen, da Cannon hier viele Musiksprachen spricht. Vom Solo über Duos verschiedener Besetzung bis zum Konzert mit Ensemble reicht die Bandbreite.
Gleich das erste Werk, La femme 100 têtes mit Sopran und Kontrabass von Vito Zuraj fordert den ganzen Zuhörer, da es sich nicht einfach so dem genießenden Zuhörern hingeben möchte. Doch insgesamt bietet diese CD genügend Ansätze, um die Kunst des Kontrabasses zu genießen. Einige Werke entfalten sogar Sogwirkung auf den Hörer, wie Christus Resurgens von Brian Ferneyhough und Take five for Three von Bernhard Gander.
Für Cannon ist diese Spielwiese genauso eine Herausforderung wie es sicherlich auch ein ihn begeisternder Genuss war, diese Werke mit unterschiedlichen Partnern zu interpretieren. Nicht ein einziges Mal hat man als Zuhörer den Eindruck, dass Cannon an seine Grenzen kommen könnte. Selbst bei Ferneyhoughs Werk, das neben Daumenlage und Spielen am Ende des Griffbretts verlangt, gibt es keine Nachlässigkeiten, und das obschon solche Techniken kaum verlangt und noch seltener gespielt werden. Das Instrument klingt voll, aber nicht schwer. Es tanzt eher behände, als dass es sich des Weges schleppt; große Klasse, interpretatorisch und spielerisch!
Die Sopranistin Rinnat Moriah, für die das Werk der Frau mit hundert Köpfen, oder anders gesprochen, die Frau ohne Kopf, geschrieben wurde, ebenso wie Eva Böcker am Cello sind ausgezeichnete Duopartner für den Kontrabassisten. Dass das Arditti Quartet eine makellose Rolle spielt, ist ebenso wenig überraschend wie der Umstand, dass auch das auf moderne und modernste Musik spezialisierte Ensemble Modern für das Konzert von Rebecca Saunders seine Rolle stilsicher verkörpert.
Die an verschiedenen Orten mit mehreren Technikern aufgenommenen Werke bleiben im Klangbild einheitlich, so dass von dieser Seite keine bösen Überraschungen zu erwarten sind.
The first impression is the best, says a German proverb. Whoever picks up the current disc of the Ensemble Modern from their own label experiences that the stapled booklet flies loosely towards you at the very first touch. And when you then read the introductory words, you are astonished again because the same text is printed twice for two works, but nothing is written about the performers except for the principal soloist. By mistake, on purpose, …? So this is the famous first impression? Well then.
Listening to the eight examples of works with solo double bass is then fortunately much more positive. Paul Cannon, double bass player of the Ensemble Modern, has compiled his pieces to show the diversity of today’s compositional forms and techniques. From this, the project title ‘polyglot’ can probably be understood, since Cannon speaks many musical languages here. The spectrum ranges from solo to duos of various instrumentation to a concert with ensemble.
The very first work, La femme 100 têtes with soprano and double bass by Vito Zuraj demands the whole listener, as it does not want to simply surrender to the enjoying listener. But all in all, this CD offers enough approaches to enjoy the art of the double bass. Some works even make a strong impression on the listener, such as Christus Resurgens by Brian Ferneyhough and Take Five for Three by Bernhard Gander.
For Cannon, this playground is just as much a challenge as it was certainly a pleasure for him to perform these works with different partners. Not once does the listener have the impression that Cannon might reach his limits. Even in Ferneyhough’s work, which specifies thumb position and playing at the end of the fingerboard, techniques that are rarely asked for and even more rarely played, there is no slackness. The instrument sounds full, but not heavy. It dances nimbly rather than dragging its feet. Great class, interpretively and playfully!
Soprano Rinnat Moriah, for whom the work of the woman with a hundred heads, or in other words, the woman without a head, was written, as well as Eva Böcker on cello are excellent duo partners for the double bassist. That the Arditti Quartet plays a flawless role is as unsurprising as the fact that the Ensemble Modern, which specializes in modern and cutting-edge music, also embodies its role in style for Rebecca Saunders’ concert.
The works, recorded in different locations with several technicians, remain consistent in sound, so there are no nasty surprises to be expected from this side.