Der seit 1952 ausgerichtete Internationale Musikwettbewerb der ARD zählt zu den prominentesten seiner Art. Seit 2015 vergibt das Label Genuin einen Sonderpreis seiner Wahl. In diesem Fall erhielt ihn der chinesische Bratscher Diyang Mey ebenso zugesprochen wie den ersten Preis des Wettbewerbs im Jahre 2018. Der gerade einmal 25-Jährige, der in Deutschland studiert, kann schon auf eine namhafte Reihe von Kammermusikpartnern und Orchesteraktivitäten verweisen.
Für diese Einspielung hat er sich fünf Solowerke ausgesucht, die alle mit den alten Formen Chaconne und Passacaglia spielen. Und nur zwei der Werke sind original für sein Instrument komponiert, nämlich der vierte Satz ‘In Form und Zeitmaß einer Passacaglia’ aus der Sonate op. 11 Nr. 5 von Paul Hindemith und die ‘Chaconne chromatique’ aus der Violasonate von György Ligeti.
Für die anderen drei Werke ist er mit der Ciaccona-Allegro aus der zweiten Cellosuite von Benjamin Britten im Cellorepertoire und mit den beiden die CD eröffnenden Werken, der Ciaconna aus der zweite Partita von Bach sowie der Passacaglia aus dem Mysteriensonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber bei den Stücken für Solovioline fündig geworden.
Die Ciaconna von Bach zeigt gleich sowohl die grandiose Beherrschung des Instrumentes durch den jungen Künstler als auch sein tiefgehendes Verständnis für die Gestaltung musikalischer Strukturen. So erklingt diese Ciaconna fast wie gewohnt. Wenn es denn nur fast so ist, dann liegt das daran, dass man hier das größere Instrument im Sinne einer gewissen trägeren Beweglichkeit und damit auch einem Weniger an Eleganz als gegenüber der Einspielung mit Geige bemerkbar macht. Man könnte hier noch lästern, eben typisch Viola.
Dieser scheinbare Nachteil kehrt sich aber in den anderen Sätzen wieder um zugunsten einer durch die tiefere Stimmung, die nun mal zwischen der strahlenden Geige und dem sonoren Cello liegt und damit der menschlichen Stimme ähnelt. Hier werden etwas bei Biber die Linien durch die andere Stimmlage mit einer neuen Sonorität aufgeladen, die das Original in diesem Moment vergessen lässt. Im Unterschied dazu wird bei Britten durch die höhere Lage eine Erleichterung vermittelt, die auch nicht missfällt.
Die beiden Werke für das Instrument von Hindemith und Ligeti rücken dieses in der Mitte des Orchesters oder auch Kammerensembles oft vergessene Instrument endlich einmal nach vorne, wo es bei einer so stark formulierten und organisierten Darbietung mit Sicherheit hingehört und dank solcher Interpreten auch vernommen werden sollte. Da gibt es ja noch andere, denen sich der junge Diyang Mei sicherlich bald zugesellen wird.