Jede Aufführung von Verdis Requiem wird wohl die Frage aufwerfen, wie opernhaft diese Komposition denn nun wirklich ist. Auch bei Gianandrea Nosedas Interpretation kommen wir nicht daran vorbei, zu sehr interessiert er sich doch fürs Drama. Nun muss ich aber sofort sagen, dass er zwar eine gewisse Portion Theatralik einbringt, die jedoch nicht geschmacklos wirkt. Ohnehin entspricht Verdis Musik mehr seiner Auffassung von italienischer Religiosität als echten religiösen Gefühlen, zu denen er ja, wie man weiß, nicht fähig war.
Auffallend sind das leidenschaftliche Feuer dieser Aufführung, die extreme dynamische Bandbreite (zwischen dem fast gehauchten Beginn und dem lautstark einbrechenden Dies Irae liegen zig Dezibel!) und ein ungemein gepflegter Lyrismus. Nosedas emphatisch- dramatisches, immer nach Bedeutsamkeit suchendes Dirigat ist zugleich sehr kostrastreich und im Klanggeflecht sehr gut ausgeleuchtet und transparent.
Die Solisten sind unterschiedlich gut. Erika Grimaldis Gesang ist akzeptabel, aber der Stimme fehlt es an Wärme und Fülle. Daniela Barcellona singt durchgehend gut, nur fehlt es ihr im unteren Register manchmal an Präsenz. Francesco Meli singt kraftvoll und brillant mit gepflegter Stimmführung. Michele Pertusi ist mit seiner wohlklingenden, bestens geführten Stimme eine gute Besetzung der Basspartie. Das Orchester spielt opulent und der Chor klingt gewaltig.