Vier ‘B’, davon eines zweigeteilt, ergeben hier die Erzählung aus der Sicht des Geigers Frank Peter Zimmermann. Das sind zunächst die Berliner Philharmoniker, mit denen er seit 1985 einen gemeinsamen Weg von üblicherweise mindestens einem Konzert im Jahr teilt. Einen noch längeren gemeinsamen und vertrauten Weg hat Zimmermann mit dem Violinkonzert von Beethoven, der Olymp, so Zimmermann, und auch dem von Berg zurückgelegt.
Recht neu und in seinen Ersteinspielungen von 2016 hier zu hören ist das geteilte B, nämlich die beiden Konzerte von Bela Bartok. Erst spät hat er sich für diese beiden so verschiedenen Beiträge des Ungarn bereit gefühlt. Allein deswegen ist diese Aufnahme bemerkenswert. Mit dem jetzigen Chef der Berliner, Kirill Petrenko, bei Berg sowie Daniel Harding für Beethoven und Alan Gilbert für die beiden Konzerte von Bartok stehen weitere Verbundene am Pult.
Was soll ein Rezensent bei so einer Aufnahme anderes, als Eulen nach Athen tragen? Die positiven Kritiken zu Zimmermann, zu den Berlinern und auch ihren Dirigenten, sind Legion. Überwältigende Beherrschung, sei es der technischen Darstellung, als auch der musikalischen Durchleuchtung, darf man bei Zimmermann und den Berlinern immer erwarten. Das ist auch hier nicht anders. Dazu kommt der klassisch geprägte Ansatz des Geigers, der die Musik immer seriös und gehaltvoll sieht und die Ausführung, wie virtuos auch immer, als Technik zur Erzielung des musikalischen Ergebnisses und keinen Widerspruch zum Ausdruck sieht.
Bezogen auf Beethoven geht Zimmermann das Konzert, beispielsweise verglichen mit seiner Einspielung Ende der achtziger Jahre mit dem English Chamber Orchestra, deutlich schneller und damit auch schlanker, was man auch unromantischer nennen kann, an. Aber eben dieses schlackenlose und von Manierismen freie Spiel zeichnet seinen Stil eben auch aus. Treu geblieben ist er dabei den Kadenzen von Fritz Kreisler. Doch das bedeutet nicht, dass er sentimental agiert.
Auch beim Konzert von Alban Berg wie bei den beiden von Bartok kann man sein zupackend markantes, aber immer gepflegtes Spiel genießen, das mit vollem Klang und immer farblich differenziertem Ton ausgestattet ist. Wer Musik des zwanzigsten Jahrhunderts schön und berührend erleben möchte, der sollte sich beispielsweise diesen Aufnahmen widmen. Man mag bei den beiden Konzerten von Bartok vielleicht heraushören, dass sie mit einer gewissen Spur von noch mehr Spannung im Solopart gespielt werden als Beethoven und Berg. Das mag aus der erst späteren Auseinandersetzung mit den beiden Stücken herrühren. Jedenfalls zeigen alle, dass emotional ein weiter Raum eröffnet wird. Dass sie auch physisch einen Solisten fordern, ja das kann man bei Zimmermann wirklich nicht hören. Der sachlichere Stil von Zimmermann entfaltet bei den jüngeren Stücken noch mehr Reiz und bietet zum strukturellen Durchhören beste Voraussetzungen. Es ist eine wahre Freude, dass Zimmermann nun auch den Kosmos der Konzerte von Bartok erobert hat.
Das Orchester ist der gewichtige Dialogpartner, der das gleichberechtigte Miteinander lebt. Das bedeutet, dass es seine Passagen mit selbstsicher auftretendem Spiel prägt und gleichzeitig den Solisten trägt und einbindet. Dass die Dirigenten einen Einfluss auf das Orchester haben, wird im Laufe der Entwicklung des Orchesters deutlicher als bei diesen Aufnahmen. Das Ensemble ist selbstbewusst genug, sich durch die Stabführenden zusätzlich koordinieren und inspirieren zu lassen. Aber hier werden eher Nuancen auf höchstem Niveau erkennbar. Dabei kommen die gerne einem sehr analytischen Ansatz frönenden Petrenko und Gilbert als Erkunder bei Bartok bzw. Berg diesen Kompositionen entgegen, ohne die Farben und Wärme der Musik zu behindern.
Abgerundet wird die technisch glanzvolle Gabe des hauseigenen Labels mit umfangreichen Texten zu den Werken und dem Solisten, seinem Bezug zum Orchester sowie kleineren Anmerkungen zu den Dirigenten. Diese Erläuterungen werden in einer ebenfalls inkludierten Blue-ray Disc auch bildlich vertieft. Hier wird die langjährige Freundschaft von Frank Peter Zimmermann mit dem Orchester auch visuell belegt.
Four Bs, one of which is divided into two, make up the narrative here from the perspective of violinist Frank Peter Zimmermann. First of all, there is the Berlin Philharmonic, with whom he has shared a common path of usually at least one concert a year since 1985. Zimmermann has traveled an even longer shared and familiar path with Beethoven’s Violin Concerto, Olympus, Zimmermann says, and Berg’s as well.
Quite new and heard here in his first recordings from 2016 is the divided B, consisting of the two concertos by Bela Bartok. Only late did he feel ready for the two so different works by the Hungarian composer. For that reason alone, this recording is noteworthy. With the present head of the Berlin Phil, Kirill Petrenko, for Berg, as well as Daniel Harding for Beethoven and Alan Gilbert for the two Bartok concertos, there are other connected people on the podium.
What is a reviewer to do but carry owls to Athens with such a recording? The positive reviews of Zimmermann, of the Berliners and also their conductor, are legion. One can always expect overwhelming mastery, whether of technical performance or of musical penetration, from Zimmermann and the orchestra. That is no different here. Add to that the violinist’s classically-influenced approach, always viewing the music seriously and with substance, and seeing execution, however virtuosic, as a technique to achieve the musical result and not a contradiction to expression.
Compared to his recording in the late 1980s with the English Chamber Orchestra, Zimmermann’s Beethoven is here much faster and thus leaner, more unromantic. But it is precisely this slag-free playing, free of mannerism, that distinguishes his style. He has remained faithful to the cadenzas of Fritz Kreisler. But that does not mean that he acts sentimentally.
Also in the concerto by Alban Berg, as in the two by Bartok, one can enjoy his grippingly striking but always exquisite playing, endowed with full sound and always colorfully differentiated tone. Those who want to experience twentieth-century music beautifully and movingly should turn to these recordings. One might hear in the two concertos by Bartok that they are played with a certain trace of even more tension in the solo part than Beethoven and Berg. This may stem from the only later exposure to the two pieces. In any case, they all show that emotionally a wide space is opened. That these works are also physically demanding cannot be heard with Zimmermann. His more matter-of-fact style unfolds even more charm in the younger pieces and offers the best conditions for structural listening. It is a real joy that Zimmermann has now conquered the cosmos of Bartok’s concertos.
The orchestra is the weighty dialogue partner, living the equal coexistence. This means that it shapes its passages with self-assured playing and at the same time carries and integrates the soloist. The fact that the conductors have an influence on the orchestra becomes clearer in the course of the orchestra’s development than in these recordings. The ensemble is confident enough to allow the conductors to provide additional coordination and inspiration. But here, nuances at the highest level are more apparent. In this regard, Petrenko and Gilbert, who like to indulge in a very analytical approach, accommodate these compositions as explorers in Bartok and Berg, respectively, without hindering the colors and warmth of the music.
Rounding out this technically dazzling gift from the in-house label are extensive texts on the works and the soloist and his relationship to the orchestra, as well as minor notes on the conductors. These explanations are also visually deepened in a likewise included Blu-ray Disc. Here, Frank Peter Zimmermann’s long-standing friendship with the orchestra is also visually evidenced.