Michelle Cann hat sich in ihrer US-amerikanischen Heimat als Interpretin einen Namen gemacht und nutzt diese Position nun, um auf ihrem Debutalbum Werke vergessener Komponistinnen vorzustellen. Florence Beatrice Smith Price lebte vor allem in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, Margaret Allison Richardson Bonds etwa eine Generation später.
Die Klaviersonate von Price verbindet Elemente ihrer Herkunft mit den Traditionen der europäischen klassischen Musik. Rachmaninov und Saint-Saëns als Inspiration, nutzt Price synkopische Rhythmen, Polyrhythmen und Harmonien, um afroamerikanische spirituelle Melodien zu erforschen und zu manifestieren. Mit den vier Fantasies nègres, von denen hier drei eingespielt werden, begründete sie ein neues Genre, bei dem sie die Musiktradition mit Negro Spirituals und Plantagenliedern verband.
Margaret Bonds machte mit der Spiritual Suite ihren rassischen und kulturellen Stolz zum Thema. In den drei Sätzen werden traditionelle Negro Spirituals mit den Idiomen von Gospel, Jazz und Blues durchsetzt.
Michelle Cann zeigt diese Werke, leider bei der Fantasie ohne den dritten Satz, als selbstbewusste Kompositionen, die sich ihrer Aussage und Bedeutung bewusst sind. Ein vielleicht auch denkbarer melodramatischer Ansatz wird nicht gewählt.
Das befreit die Werke von einer Bürde, die in falsche Gefühligkeit leiten würde. Cann entpuppt sich als klar strukturell agierende Klavierspielerin, die mit festem Anschlag, aber nie massiv, ihr Spiel prägt. Auch in den ruhigeren Passagen bleibt immer der Eindruck, dass die Musik sich weiterbewegt und nicht stehen bleibt. Das macht ihre Interpretationen interessant und verleiht den Werken fließenden Charme und prägenden Charakter. Wirklich leise wird die Aufnahme kaum einmal, erstmals im vierten Teil der Fantasie. Aber das mag auch den Werken geschuldet sein, die von intensiver Lebendigkeit geprägt sind. Schwermütig, beladen oder gar hoffnungslos klingt hier nichts, eher selbstbewusst.
Schade und unerklärlich ist, dass nicht alle vier Sätze der Fantasie nègre vorgelegt werden.
Michelle Cann has made a name for herself as a performer in her native U.S. and now uses that position to present works by forgotten women composers on her debut album. Florence Beatrice Smith Price lived primarily in the first half of the last century, Margaret Allison Richardson Bonds about a generation later.
Price’s piano sonata combines elements of her background with the traditions of European classical music. Using Rachmaninov and Saint-Saëns as inspiration, Price uses syncopated rhythms, polyrhythms, and harmonies to explore and manifest African American spiritual melodies. She established a new genre with the four fantasie nègre, three of which are recorded here, combining musical tradition with Negro spirituals and plantation songs.
Margaret Bonds made her racial and cultural pride a theme with Spiritual Suite. The three movements intersperse traditional Negro spirituals with the idioms of gospel, jazz and blues.
Michelle Cann shows these works, unfortunately in the case of the Fantasy without the third movement, as self-confident compositions, aware of their message and meaning. A perhaps conceivable melodramatic approach is not chosen. This frees the works from a burden that would lead into false sentimentality. Cann turns out to be a clearly structurally acting piano player, who shapes her playing with a firm touch, but never massively. Even in the quieter passages, the impression always remains that the music is moving along and not standing still. This makes her interpretations interesting and gives the works flowing charm and formative character. The recording hardly ever gets really quiet, for the first time in the fourth part of the Fantasy. But that may also be due to the works, which are characterized by intense liveliness. Nothing sounds melancholy, burdened or even hopeless here, rather self-confident.
It is a pity and inexplicable that not all four movements of the Fantasie nègre are presented.