Gioacchino Rossini: Il Turco in Italia; Ruggero Raimondi, Cecilia Bartoli, Paolo Rumetz, Oliver Widmer, Chor und Orchester des Zürcher Opernhauses; Franz Welser-Möst; Regie: Cesare Lievi
Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni; Rodney Gilfry (Don Giovanni), Isabel Rey (Donna Anna), Roberto Saccà (Don Ottavio), Matti Salminen (Komtur), Cecilia Bartoli (Donna Elvira), László Polgár (Leporello), Liliana Nikiteanu (Zerlina), Oliver Widmer (Masetto) u.a., Chor und Orchester des Opernhaus Zürich, Nikolaus Harnoncourt; Regie: Jürgen Flimm; 3 Blu-ray Arthaus Musik 109 177; Stereo & Surround; Bild 16:9 + 4:3; Liveaufnahmen 1988/2002/2001 (485') - Rezension von Remy Franck
Arthaus bündelt drei Opernvideos mit Cecilia Bartoli in einem Schuber. Wegen Cecilia Bartoli ist es schon interessant, sich die originelle Hampe-Inszenierung des ‘Barbiere’ anzusehen. 1988 war die Bartoli zwar noch nicht ganz so souverän wie heute, doch ist ihre Rosina rundherum ein Genuss, darstellerisch wie auch stimmlich.
Eine weniger gute Figur gibt der unzulänglich artikulierende Gino Quilico ab. David Kuebler singt den Almaviva korrekt, Carlos Feiler hat gute wie auch schlechte Zeiten als Bartolo, während Robert Lloyd mit seinem metallischen Bass einen imposanten Basilio abgibt. Im Orchestergraben nimmt Gabriele Ferro streckenweise allzu behäbige Tempi: dem Dirigenten fehlt das Temperament, um diese Oper zu dirigieren.
In dem farbenfrohen und optisch sehr gefälligen Bühnenbild von Tullio Pericolis inszeniert Cesare Lievi eine einfallsreiche Aufführung von ‘Il Turco in Italia’. Das ist Musiktheater, das Rossinis Oper an die Grenzen des Absurden führt, ohne, dass dies auf Kosten der Musik ginge. Im Gegenteil, sie zieht eindeutig Nutzen aus dieser beherzten Inszenierung. Einen wesentlichen Anteil an der hohen Qualität dieser Aufführung haben auch der Dirigent Franz Welser-Möst und das Orchester, das einen sehr transparenten und ungemein fein nuancierten Rossini spielt. Selten haben wir diese Musik mit so viel Sorgfalt fürs Detail gehört, selten ist sie so reich an unser Ohr gedrungen. Und dennoch gewinnt das Orchester nicht die Oberhand, denn Welser-Möst ist ein Operndirigent, der den Sängerinnen und Sängern einen Klangteppich hinzaubert, der für den Gesang eine ideale Basis bildet.
Mit ihrer phänomenalen Bühnenpräsenz und ihrer exquisiten stimmlichen Leistung ist Cecilia Bartoli ist eine hinreißende Fiorilla. Ruggero Raimondi singt einen tollen Türkenfürst, Paolo Rumetz ist charmant als Don Geronio. Auch die Nebenrollen sind vorzüglich besetzt.
Bei der ‘Don-Giovanni’-Produktion aus Zürich erlebt man viel ‘dramma’ und wenig ‘giocoso’. Das Ganze wird vor allem diejenigen Mozart-Fans interessieren, die sich eine moderne Inszenierung zulegen wollen. Schon wegen der dunklen, durchaus stimmungsvollen Bühnenbilder von Erich Wonder (Brian Large ist mit dem Kameraauge manchmal leider viel ‘zu dicht dran’) und sicher auch wegen der schönen Idee, Don Ottavio als Bildhauer zu inszenieren. Sein Meisterwerk: die Statue des Komtur. Jürgen Flimms Personen-Führung allerdings wirkt öfters unentschlossen.
Auch mit Nikolaus Harnoncourt wurde ich nicht ganz glücklich: Seine disparaten Tempi hemmen den großen Bogen, die Besetzung wirkt unausgewogen: Rodney Gilfry hat mir als Zürcher Figaro-Graf viel besser gefallen und die stimmlich überzeugende Liliana Nikiteanu wirkt für meine Begriffe als Zerlina etwas reif. Letzen Endes fühlt man nur mit der ausgeklügelten Elvira von Cecilia Bartoli mit – ihre drei Arien sind ein ganzer Entwicklungsroman, der sich allerdings oft in den Vordergrund drängt.