Erich Wolfgang Korngold: Much Ado About Nothing, Suite from the Incidental Music, op. 11, Mariettas Lied & Tanzlied des Pierrot aus Die tote Stadt op. 12; Aaron Copland: Sonata for Violin and Piano, Two Pieces for Violin and Piano; Yuriy Bekker, Violine, Andrew Armstrong, Klavier; 1 CD Navona Records NV6046; Aufnahme 08/2015, Veröffentlichung 06/2016 (52'53) - Rezension von Oliver Fraenzke

Seit langer Zeit schon interessiert sich der Violinist Yuriy Bekker für jüdische Komponisten des 20. Jahrhunderts und führte immer wieder auch unbekanntere Werke auf. Musik zweier dieser Tonsetzer hielt er nun gemeinsam mit dem Pianisten Andrew Armstrong fest. Im Übrigen ist dies die erste Tonaufnahme der Stradivari ex-Nachez auf dem Jahre 1686.

Äußerst beschaulich ist Korngolds Suite der Bühnenmusik zu Shakespeares ‘Much Ado About Nothing’ (Viel Lärm um Nichts) op. 11 im Arrangement für Violine und Klavier des Komponisten. Die vier Sätze sind in einem hinreißend hochromantisierenden Gestus in der schwerlich definierbaren Lücke zwischen Charakterstück und früher Filmmusik angesiedelt. Das Finale, Hornpipe, beschwört gar den Geist der bäuerlichen Fiedelmusik herauf und gemahnt stellenweise beinahe sogar an die Volksmusikstilisierungen Edvard Griegs. Ebenso von einer klanglichen Transzendenz sind die beiden Stücke aus Korngolds Rodenbach-Erfolgsoper ‘Die tote Stadt’ op. 12, die den Hörer umgehend in reinen Frieden und ungetrübte Gelassenheit versetzen und farbenfrohe Bilder entfalten.

Eine vollkommen neue Welt eröffnen dagegen die Werke Aaron Coplands, die beide seine unverkennbare Handschrift tragen. Vor allem in der Sonate treibt Copland ein Spiel der Gegensätzlichkeiten: Die Stimmen scheinen nicht ohne einander auszukommen, aber ebenso wenig miteinander, die Musik wirkt so vertraut und doch so fremd, alles scheint zu ‘stimmen’ und doch ist stets etwas ‘dagegen’. Und all das ist von jedem Flair durchtränkt, den man auch heute noch als typisch amerikanisch bezeichnen wird. Ganz unerwartet das letzte der Stücke, ‘Ukulele Serenade’, das plötzlich, mitten in der klassisch-amerikanischen Musik, den Geist des Jazz heraufbeschwört und in einer Synthese der Stile einen schwungvollen Abschluss schafft.

Den Musikern gelingt es, gleichermaßen das beinahe Wienerische Korngolds und das typisch Amerikanische Coplands umzusetzen. Korngold hat seinen magischen Schleier mit angemessener Verträumtheit, Copland wird mehr aus dem Stein herausgemeißelt und seine Kanten und Brüche werden freigelegt.

Beide Musiker verfügen über ein reiches Spektrum an Klangschattierungen, gerade Bekker entlockt seiner Stradivari minutiöse Feinheiten und ein flexibles Vibrato, welches immer wieder anders und neu klingt. Zwar sind sie dynamisch nicht immer optimal abgemischt, doch von der Gestaltung her sind Bekker und Armstrong ein gut aufeinander eingespieltes Team.

Jeder Satz ist merklich von vorne bis hinten durchkonzipiert und detailgetreu einstudiert, ihm wird quasi ein ansehnlicher Körper geschaffen. Was darüber hinaus jedoch fehlt, ist das, was als Seele benannt werden könnte: Die Unmittelbarkeit und Spontaneität der musikalischen Aufführung, das einmalige und unwiederbringliche Erlebnis des Spiels. Welch eine Wirkung entsteht doch, wenn das langwierig einstudierte Werk in der Aufführung so klingt, als würden die Spieler es gerade eben das erste Mal entdecken! Konkret schlägt sich dies bei Bekker und Armstrong unter anderem durch eine gewisse Starrheit und Härte nieder anstelle der Lockerheit eines wahrhaft unmittelbaren Spiels.

Kurzum eine vollendet strukturierte, technisch makellose, reflektiert musikalisch in hohem Maße ausgefeilte Darbietung, der leider etwas die Wärme des Mensch-Seins mangelt.

Yuriy Bekker and Andrew Armstrong play duos for violin and piano by Korngold and Copland in a technically and musically well developed way with clear structures. Nonetheless, there is a lack of soul, of this immediate and inner-felt experience that can transcend perfection.

 

 

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