Die Sängerin Edita Gruberova rechnet mit dem Regietheater und Opernhäusern wegen schlechter Probenbedingungen ab. Ihre Stellungnahme wurde auf der Website ‘art but fair’ veröffentlicht.
Hier der Wortlaut: « Ich möchte mich auf der Webseite ‘art but fair’zur Probensituation der internationalen Opernhäuser äußern.
Bei Neuproduktionen sind in den meisten europäischen Opernhäusern Probenzeiten von sechs Wochen angesetzt. Zu Beginn meiner Karriere und im weiteren Verlauf beliefen sich die Probenzeiten für Neuproduktionen auf drei bis dreieinhalb Wochen und es kam meistens zu exzellenten Ergebnissen. Die Regisseure hatten eine klare Vorstellung, und ihr Konzept konnte von allen mitwirkenden Sängern in der angesetzten Probenzeit umgesetzt werden. Die Dirigenten waren ab der ersten Probe anwesend und so konnten auch die Wünsche des Dirigenten während der szenischen Probenarbeit verwirklicht werden. Dadurch verliefen die anschließenden Orchesterproben ohne Verzögerungen.
Bei sechswöchigen Probenzeiten ist das Konzept des Regisseurs in den meisten Fällen nach zwei Wochen verwirklicht. Die anschließenden Proben sind für alle Mitwirkenden nur ermüdend. Die Dirigenten kommen in den meisten Fällen erst zu den Ensembleproben, und erst dann wird festgestellt, dass sich oftmals das szenische Konzept mit dem musikalischen nicht vereinbaren lässt. Nach einer vierwöchigen sehr anstrengenden szenischen Probenarbeit kommen dann musikalische Proben hinzu, bei denen erstmals der Dirigent anwesend ist. Bis zur Premiere sind alle Mitwirkenden müde und können die von sich selbst erwarteten Leistungen erst in den Folgevorstellungen nach der Premiere erbringen. Da alle Sänger von Beginn der Probenzeit anwesend sein müssen, muss auch der Dirigent, der wie auch der Regisseur Mitglied des künstlerischen Teams ist, anwesend sein.
Ein weiteres Problem ist die Gestaltung des Bühnendekors, der Kostüme und der Perücken.
Ich weigere mich, entstellende Kostüme oder Perücken zu tragen, und konnte meine Forderungen durchsetzten. Meine Kollegen wagten es nicht, sich gegen entstellende Kostüme und Perücken zu wehren, da sie befürchteten, aus der Produktion entlassen zu werden. Es ist Aufgabe des Kostümbildners, sich der physischen Gestalt eines Sängers anzupassen und Kostüme und Perücken so zu gestalten, dass der Sänger nicht entstellt und der Lächerlichkeit preisgegeben ist. Dies erzeugt zusätzlichen Druck.
Ich bin überzeugt, dass alle Sänger mit beruflicher Erfahrung ein szenisches und musikalisches Konzept auch mit einer vierwöchigen Probenzeit verwirklichen können. Somit würden die entstehenden Kosten, die während der Probenzeit für die Mitwirkenden anfallen, verringert, ebenfalls die Produktionskosten für die Opernhäuser.
Im letzten Jahrzehnt ist die Regie derart in den Vordergrund getreten, dass sie mit der musikalischen Seite der Werke nicht mehr in Einklang gebracht werden kann und oft gegen die Musik inszeniert wird. Für uns Sänger bedeutet das Stress und Frustration.
Edita Gruberova »
Salzburg, 25.7 2013