Profil legt eine Kondrashin-Edition mit 13 CDs und vorwiegend russischer Musik auf. Es ist eine großartige Hommage an diesen russischen Dirigenten (1914-1981).
Die erste CD enthält die kurz nach der Uraufführung, bei der zweiten Darbietung gemachte Liveaufnahme von Shostakovichs 13. Symphonie, ‘Babi Yar’, 1962 ein politisch gefährliches Unterfangen, das einer der engsten Freunde Shostakovichs, Yevgeny Mravinsky, mit vagen Entschuldigungen abgelehnt hatte. Statt seiner übernahm Kirill Kondrashin die Uraufführung, und er sollte sich später immer noch an die seltsamen Gestalten erinnern, die bei den Proben auftauchten.
Die Aufführung ist spannungsvoll und packend, durchwegs schneller und ‘bissiger’ als viele Einspielungen, die danach entstanden.
Zu den Highlights der Box zählen eine tief erfühlte, tief geatmete ‘Pathétique’ sowie ein auch wegen David Oistrach fabelhaftes Violinkonzert von Tchaikovsky. Es ist dies eine der eloquentesten und klanglich reichsten Aufnahmen überhaupt. Phänomenal ist auch die Aufnahme des Ersten Tchaikovsky-Klavierkonzerts mit Emil Gilels.
Weinbergs viersätziges Violinkonzert entstand 1959, also in der Ära Khrushchev, und ist Leonid Kogan gewidmet, der es auch unter der Stabführung von Kirill Kondrashin 1961 uraufgeführt hat. Anders als die beiden Violinkonzerte seines Mentors Shostakovich, ist Weinbergs Werk dem Lyrischen sehr stark zugewandt. Es ist eine tonale, überaus angenehm anzuhörende Musik, die Emotionalität mit Expressivität optimal verbindet. 1961 entstand auch die hier vorliegende Studio-Aufnahme unter Kirill Kondrashin und mit Leonid Kogan, die in ihrer geballten Kraft von phänomenaler Wirkung ist.
Sehr spannend, etwas eigenartig in Färbung und Strukturierung sind die Ravel-Aufnahmen, auch wenn sie in ihrer Dramatik eher spektakulär denn französisch-sensuell klingen. Das gilt insbesondere für das von Emil Gilels sehr zupackend gespielte ‘Konzert für die Linke Hand’.
Neben anderen sehr guten Shostakovich- und Rachmaninov-Einspielungen enthält die Profil-Box auch etwas ganz Besonderes. Der als Perfektionist bekannte Kondrashin sollte 1948 am Moskauer Bolschoi Smetanas ‘Die Verkaufte Braut’ dirigieren. Doch der seines Erachtens antiquierte Text der Oper war ihm zuwider. So gab er einen neuen Text, natürlich in russischer Sprache, bei Sergey Mikhailkov in Auftrag und arbeitete selbst viele Stunden mit dem Textdichter, um den neuen Text optimal auf das Notenmaterial abzustimmen. Die Version wurde 1948 mit riesigem Erfolg in Moskau aufgeführt. Ein Jahr später entstand die vorliegende Aufnahme mit Künstlern, Chor und Orchester des Bolschoi-Theaters. Es ist eine ungemein frische und trotz ihres Alters von nunmehr 70 Jahren klanglich akzeptable Produktion, die von der schieren Intensität des Dirigenten lebt, aber auch mit hervorragenden Sängern aufwartet, unter ihnen der großartige Tenor Georgi Nelepp als Jenik. Die Aufnahme war früher auf Vinyl erhältlich, wurde aber meines Wissens nie auf CD herausgegeben. Das erhöht den ohnehin schon großen Wert dieser Kondrashin-Box, die zeigt, welche Perfektion dieser Dirigent mit eben so viel Sensibilität wie Dramatik verbinden konnte.
Nicht unerwähnt werden soll in diesem Zusammenhang sein kompromissloser Einsatz für Komponisten, die der Kritik der sowjetischen Kulturfunktionäre ausgesetzt waren.