Julian Rachlin, den wir bereits mehrmals beim Beethoven Festival in Warschau als Geiger und Bratscher erlebt haben, gab gestern an der Spitze des polnischen Jugendorchesters Iuventus sein Festival-Debut als Dirigent.
Es war ein interessanter Abend, zeigte er doch nicht nur, dass das Metier des Dirigenten ein ganz spezifisches ist und von der Pike auf erlernt werden soll, sondern auch, dass Antonin Dvorak, Rachlin zufolge, nicht ein Konzert für Cello und Orchester, sondern eines für Cello, drei Hörner und Orchester komponiert hat. Diese drei Hörner waren nämlich Hauptmerkmal von Rachlins etwas unausgegorener Interpretation, prominent herausgehoben, wobei sie, wegen fehlender instrumentaler Qualifikation, besser in den Orchesterklang eingebunden geblieben wären.
Überhaupt blieb die ‘Sinfonia Iuventus’ unter dem Niveau, das ich in Erinnerung hatte, und das mag vielleicht daran liegen, dass die jungen Musiker nicht wirklich Vertrauen in ihren Dirigenten gewonnen hatten, sich nicht besonders sicher bei ihm aufgehoben fühlten, zumindest im Dvorak-Konzert, in dem der exzellente Cellist Claudio Bohorquez ebenfalls unter einer etwas inkohärenten Orchester-Entourage litt. Dirigieren ist mehr als Akzente schlagen – und darauf reduziert sich letztlich Rachlins Dirigat – es geht ums Klangformen, um Farben und Stimmungen, ums Atmen und Phrasieren, und das alles fehlte in dieser Interpretation.
Nach der Pause folgte eine vitale, ganz aufs Drive angelegte und recht laute 7. Symphonie von Ludwig van Beethoven, deren Fulminanz das Publikum begeisterte, aber letztlich damit auch nur bewies, dass Tempo, Knall und alles Zirzensische bei einer Mehrzahl von Leuten gut ankommen, während die, die nach Nuancen, Brüchen, Spannungsauf- und -abbau suchen, nicht fündig werden. Ja, in diesem furiosen Lauf fehlte sogar das Tänzerische, das Wagner in der Symphonie ausgemacht hat.
Remy Franck (z.Z.Warschau)