Mike Breneis, Sie haben vor kurzem zusammen mit zwei Partnern ein neues Klassiklabel gegründet, Austrian Gramophone. Wie kam es dazu?
Vor ein paar Monaten saßen Martin Rummel (paladino), Martin Pusch (ehemals Preiser Records) und ich (col legno) zusammen und dachten nach, was wir gemeinsam im Bereich der Tonaufnahme machen könnten. Unser aller Erfahrung ist, dass wir viele Projekte absagen müssen, selbst solche, die eigentlich von guter Qualität sind und durchaus das Potential hätten, Eindruck bei den HörerInnen zu hinterlassen. Gleichzeitig wissen wir aber, dass wir unsere Labels nur mehr schwer finanzieren können, der Markt sich ständig verändert und die Möglichkeiten bescheiden sind.
Eine solche Feststellung wäre ja eigentlich der Grund, kein Label zu gründen. Sie taten es trotzdem?
Nun sind wir Drei recht untypische Wiener – das Jammern scheint uns nicht zu liegen. Ganz im Gegenteil, wir überlegten, wie wir der Vielzahl an guten, aber via den üblichen Strukturen nicht durchführbaren Projekte vielleicht doch Gehör verschaffen. Der ursprüngliche Gedanke war: Können wir so etwas wie CDBaby für klassische Musik aufziehen? Also fertige Produkte über etablierte Vertriebsstrukturen verfügbar machen?
Wie funktioniert das?
Nun, zunächst einmal erkannten wir, dass – aus welchen Gründen auch immer – klassische MusikerInnen im Gegensatz zu ihren KollegInnen der Popularmusikgenres weniger Affinität zu technischen Belangen und Marketing haben. Daher entschlossen wir uns, auch Hilfestellungen im Produktionsbereich bis hin zur Pressebetreuung anzubieten. Über unsere Netzwerke können wir eine Vielzahl von Studios, Tonmeister, Presswerken, Vertriebspartner und PR-Consultants zur Verfügung stellen.
Sie gehen also von einem Bedürfnis aus, dem Bedürfnis der vielen Musiker, eigene Tonaufnahmen zu veröffentlichen?
Ja, wir verstehen uns als nicht-kuratiertes Label, das allen MusikerInnen dieser Welt offen steht: « A new home for classical music ». Nach dem Prinzip « You get what you pay for » bieten wir verschiedene Leistungspakete an: von der einfachen digitalen Veröffentlichung bis zum vollen CD-Release mit Produktionsbegleitung und Pressebetreuung. Weitere Leistungsangebote halten wir offen, Wünsche finden bei uns immer ein offenes Ohr. Täglich lernen wir derzeit von den MusikerInnen, welche Bedürfnisse durch uns noch nicht abgedeckt sind. Wir wollen unsern Service möglichst einfach halten, werden aber bestimmt den einen oder anderen Aspekt verändern. Und wir haben schon viele Anfragen, obwohl wir erst vor einigen Wochen unserer Facebook-Seite starteten und die eigentliche Website noch gar nicht online ist!
Und wieso Austrian Gramophone?
Bei der Namensfindung unserer gemeinsamen Unternehmung ging es sehr lustig zu. Ein Bezug zu Österreich war uns wichtig, wir spielten uns mit vielen Wortkombinationen. Irgendwann begannen wir, Firmennamen der ‘Konkurrenz’ zu zerlegen und zu adaptieren, bis jemand ‘Austrian Gramophone’ sagte. Dann wurde es still, bevor wir laut lachten. Das ist schon sehr frech! Andererseits war es nicht nur witzig, sondern auch richtig gut. Wir riefen unseren Anwalt an, der nach einer kurzen Schrecksekunde meinte: « Austrian ist in vielen Firmennamen drin, Gramophone ist ebenso ein Allgemeinbegriff, der mehrfach verwendet ist, die Wortkombination ist überdies in englischer Sprache – also, wenn ihr nicht so blöd seid und das Logo gelb macht, ist es in Ordnung. »
Der augenzwinkernde Verweis auf die großen Brüder passt auch ganz gut. Schließlich sind wir nicht nur für jene MusikerInnen da, die am Start ihrer Karriere sind und die eine CD als nach wie vor gültige und gebräuchlichste Visitenkarte brauchen, sondern auch für die sich von den Majorlabels trennenden KünstlerInnen. Bevor man sich selbst veröffentlicht, ist es eine gute Idee, mit uns zu reden.