Robert Schumann arbeitete lange Jahre an seinen Szenen aus Goethes Faust. Er gab sich sehr viel Mühe, um ausgewählte Szenen zu einem Oratorium zusammenzusetzen, das er sich nie in Szene gesetzt vorstellte.
Und dann kam Jürgen Flimm auf die Idee, die Musik zu inszenieren, aber nicht nur das, er fügte gesprochene Textteile aus Goethes Werk hinzu, verband also Drama und Musik zu einem Ganzen. Obwohl man dem trotz einiger abstruser Elemente (etwa die Abladung von Abfall auf den Leichnam von Margarethe) einen gewissen visuellen Reiz nicht absprechen kann und sowohl gute schauspielerische als auch sängerische Leistungen festgestellt werden müssen, stellen sich grundlegende Fragen. Ist diese Idee von Flimm nicht ein Schlag ins Gesicht von Schumann, eine Frechheit dem Komponisten gegenüber, als wolle er ihm sagen, sein Werk sei unausgegoren und es bedürfe einer Nachbesserung? Aber kann er das Schauspiel und die Musik überhaupt zusammenfügen? Funktioniert es, dass es hier Schauspieler, dort Sänger gibt, die teils zusammen, teils separat agieren? Die erste Frage beantworte ich mit ja. Schumann wird mit dieser Inszenierung für unmündig erklärt. Die zweite beantworte ich mit nein: Nein, Flimm es ist nicht geglückt, Schauspiel und Musik zu vereinen. Er hat über das Ganze einen Mantel des Zynismus gezogen, den Schumann sicher nicht im Sinn hatte. Er hat vieles inszeniert, was sich nicht inszenieren lässt und es dann mit billigem Bühnengeschehen herausgeputzt. Er hat letztlich durch die gespielten Szenen die gesungenen entwertet. Er hat Schumann verfälscht.