Mit drei Preisträgerkonzerten, je einem mit dem Rundfunkorchester München, dem Münchner Kammerorchester und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks geht in diesen Tagen der 73. Internationale Musikwettbewerb der ARD in München zu Ende. Ausgeschrieben in diesem Jahr waren die Fächer Bläserquintett, Oboe, Gesang und Violoncello. Michael Oehme berichtet.

Den ARD-Verantwortlichen muss es in den Ohren geklungen haben. Mit 912 Bewerbungen und nach einer Vorauswahl 312 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, so vielen wie nie zuvor, ist der Wettbewerbsjahrgang 2024 erfolgreich über die Bühne gegangen. Der ARD Wettbewerb hat damit seinen Spitzenplatz unter den größten Musikwettbewerben für klassische Musik weltweit behauptet. Und dass trotz einschneidender Sparmaßnahmen und Mittelkürzungen und trotz des Münchner Terroranschlags in unmittelbarer Nähe zur Musikhochschule, einem der Austragungsorte, wodurch das Wettbewerbsprogramm mächtig durcheinander gewirbelt wurde. Friedlich und musikalisch beflügelnd wetteiferten die Kandidaten aus 39 Ländern um die begehrten Preise in den Fächern Bläserquintett, Oboe, Gesang und Violoncello.

Bei den Bläserquintetten gewann völlig zurecht das Alinde Quintet aus Tschechien – fünf junge hochprofessionelle Musikerinnen und Musiker, die auch in führenden Orchestern ihres Heimatlandes tätig sind. Im Finale gelang das mit dem vielseitigen und klangschönen Bläserquintett op. 43 von Carl Nielsen und den Zehn Stücken für Bläserquintett von György Ligeti, zehn Miniaturen, die aufgrund der ständig auszutauschenden Instrumente leicht zu zerfallen drohen, hier aber eine vollendete Performance erfuhren.

Im Fach Oboe, dessen Durchgänge ich nicht hören konnte, wurde Leonid Surkov für seinen 1. Preis gefeiert, zuletzt im Finale mit dem Oboenkonzert von Richard Strauss, begleitet vom BR Symphonieorchester unter der Leitung von Hankyeol Yoon. Leonid Surkov erhielt auch den Sonderpreis für die beste Interpretation der Auftragskomposition von Cathy Milliken.

Ein Markenzeichen des ARD Wettbewerbs sind immer wieder die hochkarätig besetzten Jurys, zum Beispiel die im Fach Gesang mit Waltraud Meier, Francisco Araiza, Lucio Gallo, Cornelia Kallisch, Zoryana Kushpler, Christopher Robson und Krassimira Stoyanova, einer Jury, die ihresgleichen sucht. Demgegenüber stand ein nur mageres Angebot an herausragenden Sängerpersönlichkeiten. Ins Finale schaffte es die Finnin Aurora Marthens. Sie bestach durch schlanke Stimmführung, ausgezeichnete Diktion sowie berührende Ausstrahlung, gewann den 3. Preis und demonstrativ auch den Sonderpreis des Publikums. Die zweite Preisträgerín, Mira Alkhovik, glänzte mit Temperament und wandlungsfähiger Gesangskunst, während der 1. Preis, der an Samuel Park aus Südkorea vergeben wurde und der allein mit opulentem Stimmmaterial imponierte, eher Kopfschütteln auslöste. Lucia Tumminelli aus Italien, die es mit ihrem wunderschönen lyrischen Sopran ebenfalls ins Finale geschafft hatte, ging leer aus.

Schließlich der Wettbewerb im Fach Violoncello. 57 Kandidaten hatten die Juroren zu begutachten. Bereichernd, dass im Finale einmal nicht das allerorten übliche Cellokonzert von Antonin Dvorák gefordert war, sondern die jeweils ersten Konzerte für dieses Instrument von Bohuslav Martinu und Victor Herbert. Drei wunderbare, überragend gute Finalisten standen zur Debatte. Bei Alexander Warenberg aus den Niederlanden (3. Preis) überwältigte die Musikalität und Sanglichkeit, bei Krzysztof Michalski aus Polen (2. Preis) der edle sonore Ton, bei Maria Zaitseva (1. Preis) die absolute technische und musikalische Souveränität. Alle drei erhielten auch jeweils einen Sonderpreis.

Der ARD Wettbewerb 2024 ist damit Geschichte. 2025 wird es statt vier nur noch drei Kategorien geben, scheinbar nur ein kleiner Einschnitt. Doch seltenere Fächer wie beispielsweise Harfe, Klarinette, Kontrabass oder Posaune werden erst nach Jahren wieder ausgeschrieben werden oder ganz ausfallen. Die jungen strebsamen Musikerinnen und Musiker werden nicht so lange warten wollen und sich bei anderen Wettbewerben umschauen. Dies insofern keine gute Aussicht.

Die Preisträgerkonzerte am 18., 19. Und 20. September werden jeweils ab 20.00 Uhr auf den Kultursendern der ARD übertragen, sind aber ebenso als Livestream zu erleben: www.ard-musikwettbewerb.de

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