Anton Bruckner: Symphonie Nr. 8; Oberösterreichisches Jugendsinfonieorchester, Rémy Ballot; 2 SACDs Gramola 99054; Live 8/14 (103'44) – Rezension von Remy Franck

Das gewaltige, 130 junge Nachwuchsmusiker zählende Oberösterreichische Jugendsinfonieorchester spielte Bruckners gewaltige Achte Symphonie am 22. August 2014 in der gewaltigen Stiftskirche St. Florian. Vor dem Orchester stand der junge französische Dirigent Rémy Ballot, der sich als Bruckner-Dirigent einen Namen gemacht hat und für die Einspielung der 3. Symphonie eine sehr gute Kritik im Pizzicato erhielt.

Auch der vorliegende Livemitschnitt des Konzerts aus St. Florian ist eine Grosstat des französischen Dirigenten. Der Celibidache-Schüler hat keine Mühe, sich der Akustik des riesigen Kircheraumes anzupassen und ihn als Gestaltungselement einzubeziehen. Die Surround-Aufnahme von Gramola transponiert diese so spezielle Akustik ins heimische Studio, wobei ich einmal mehr feststellen muss, wie mein 40 Quadratmeter großer Raum über sich hinaus wächst und ich Musik von jenseits der eigenen Mauern höre. Kaum zu glauben, dass eine Mehrheit von Musikfreunden sich das entgehen lässt….

Unabdingbar für eine gute Aufführung in St. Florian sind Tempi, die den akustisch-architektonischen Gegebenheiten Rechnung tragen. Ballot nimmt sich für diese Achte fast 104 Minuten Zeit, fast genau soviel wie Celibidache in seiner Münchner Aufnahme von 1995.

Dass Celibidache mit einem solchen Tempo die Spannung aufrecht erhalten konnte, ist gewusst. Viele Dirigenten würden das nicht fertig bringen. Ballot aber hat keine Schwierigkeiten damit. Doch welche Kraft musste er wohl aufbringen, um sein junges Orchester zu dieser phänomenalen Leistung zu bringen!

In dieser Interpretation gibt es keine Hast, keine dramatischen Akzente, keine unüberlegten Steigerungen, keine extremen Kontraste, hier lebt alles vom inneren Singen Bruckners. Ballot erfasst den richtigen Ausdruck der Musik mit einer stupenden Sicherheit, bringt in die langsamsten Tempi noch Spannung und langen, aber genau zu verspürenden Schwung. Sein Orchester spielt mit festlichem Glanz und einer bewegenden Schönheit. Ballot bezeichnet das Adagio im Textheft als ‘heilsam’. Und das stimmt. Die Ruhe, die sein Dirigat durchs Orchester ausströmen lässt, ist hypnotisch. Nur ein Spitzenorchester kann unter einem Spitzendirigenten diesen Satz so voller Ruhe und Kantabilität zu einem ergreifenden Erlebnis für den Hörer zu machen.

Und welche Ausdruckskraft erlangt hier das Finale! Mit breitem Atem stellt Ballot die Probleme dar, die Bruckner aufwirft, ehe er musikalisch den Weg ins Paradies ebnet, das Tor zur Ewigkeit öffnet.

Kein Wunder, dass mir bei diesem Satz Johann Wolfgang von Goethes Gedicht « Wenn im Unendlichen dasselbe » in den Sinn kam:
« Wenn im Unendlichen dasselbe
Sich wiederholend ewig fließt,
Das tausendfältige Gewölbe
Sich kräftig in einander schließt;
Strömt Lebenslust aus allen Dingen,
Dem kleinsten wie dem größten Stern,
Und alles Drängen, alles Ringen
Ist ewige Ruh’ in Gott dem Herrn. »

A majestic work recorded in a majestic church with a majestic orchestra: Remy Ballot and the Upper Austrian Youth Orchestra perfectly realize the convergence of tension, breath and tranquility. Bruckner’s inner singing is heard here in a 104 minutes long, permanently gripping performance .

 

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