Dies ist eine Jahrhundertveröffentlichung und eine musikhistorisch enorm wichtige Tondokumentation! Obwohl die meisten der aus Russland kommenden Bänder vor Jahren schon von der Deutschen Grammophon und kleineren Firmen wie Tahra, RCD, Music & Arts, u.a. veröffentlicht wurden, stellt diese Sammlung von Furtwänglers Kriegskonzerten 1939-45 in Sachen Kompaktheit und Information die anderen Veröffentlichungen in den Schatten. Mehr Furtwängler gibt es nicht aus diesen Jahren. Natürlich sind viele Mitschnitte verschwunden oder Werke nur satzweise vorhanden, aber über die Odyssee dieser Bänder findet der Interessierte genug Informationen in dem beiliegendem Buch.
Im direkten Vergleich mit den älteren Produktionen gibt es keinen nennenswerten Qualitätsgewinn in Sachen Klang. Oft hat man sogar den Eindruck, dass dieses neue Mastering etwas an Dynamik und Lebendigkeit eingebüßt hat und zum Teil recht trocken klingt. Trotzdem, diese Aufnahmen, die unter dem Label der Berliner Philharmoniker herausgekommen sind, bleiben ein Ereignis.
Hören Sie sich nur Beethovens Corolian-Ouvertüre an, die niemand mehr so intensiv dirigiert hat wie Furtwängler, oder den letzten Satz von Beethovens Neunter Symphonie, wo die Schlussakkorde bei ‘Götterfunken’ wie ein Trommelfeuer über den Zuhörer hereinbrechen. Diese wohl dramatischste, depressivste aller Neunten scheint zu zeigen, wie sehr Furtwängler in der Musik seine Betroffenheit über das Grauen der damaligen Zeit zum Ausdruck bringen wollte. In all den hier dargebotenen Symphonien resp. Konzerten von Beethoven, Brahms, Schubert, Bruckner, Schumann, in all den Werken findet man diese tiefe Trauer und das Entsetzen über und das Aufbegehren gegen einen Regime, das nur Tod und Zerstörung brachte. Lässt man sich auf Furtwänglers Interpretationen ein, dann erlebt man die Musik mit einer Tiefe und Tragik, wie sie nur ganz selten in Konzerten oder Aufnahmen zu erleben ist. Ohne Zweifel, die 22 SACDs starke Box zeigt Wilhelm Furtwängler auf der Höhe seines Könnens.
Weitere Höhepunkte sind das Violinkonzert von Sibelius (mit Georg Kulenkampff), die Tondichtungen ‘Sinfonia domestica’, ‘Don Juan’, ‘Till Eulenspiegel’ und ausgewählte Lieder (mit dem wunderbaren Peter Anders) von Richard Strauss, Händels ‘Concerti Grossi’ op. 6 Nr. 5 & 10 und Furtwänglers eigenes ‘Symphonisches Konzert’.
Erstaunlicherweise hat Furtwängler in diesen Jahren nur wenige Werke eines seiner Lieblingskomponisten, nämlich Richard Wagner aufgeführt. Es gibt nur eine ‘Meistersinger’-Ouvertüre und ‘Vorspiel & Liebestod’ aus ‘Tristan und Isolde’. Interessant ist auch die Begegnung mit heute kaum beachteten Komponisten wie Ernst Pepping und Heinz Schubert.
Die Berliner Philharmoniker spielen immer sehr inspiriert und selbst Interpreten der zweiten Garde wie die Pianisten Conrad Hansen und Adrian Aeschbacher, der Cellist Tibor de Machula und der damalige Konzertmeister der Berliner, Erich Röhn, wachsen in jedem Werk über sich hinaus.
Reuniting the recorded Furtwängler concerts with the Berlin Philharmonic between 1939 and 1945, this box is an essential document for this conductor. Some of the performances are really depressive and seem to depict the tragedy of that time.
Konzert Nr. 1 (19. Januar 1939, Alte Philharmonie Berlin
Furtwängler: Symphonisches Konzert h-moll für Klavier & Orchester
Konzert Nr. 2 (13. September 1939, Haus des Rundfunks Berlin)
Händel: Concerto grosso op. 6 Nr. 5 + Beethoven: Symphonie Nr. 5
Konzert Nr. 3 (15.-17. Februar 1942, Alte Philharmonie Berlin)
Strauss: 4 Orchesterlieder + Don Juan op. 20
Konzert Nr. 4 (26. Februar 1942, AEG-Fabrik Berlin)
Wagner: Meistersinger-Vorspiel (Konzertfassung)
Konzert Nr. 5 (1.-3. März 1942, Alte Philharmonie Berlin)
Schumann: Klavierkonzert op. 54 + Beethoven: Symphonie Nr. 7
Konzert Nr. 6 (22.-24. März 1942, Alte Philharmonie Berlin)
Beethoven: Symphonie Nr. 8
Konzert Nr. 7 (25.-28. Oktober 1942, Alte Philharmonie Berlin)
Gluck: Alceste-Ouvertüre (Bearb. Weingartner) + Schumann: Cellokonzert op. 129 + Bruckner: Symphonie Nr. 5
Konzert Nr. 8 (8.& 9. November 1942, Alte Philharmonie Berlin)
Brahms: Klavierkonzert Nr. 2; Wagner: Vorspiel & Isoldes Liebestod aus Tristan und Isolde
Konzert Nr. 9 (6.-8. Dezember 1942, Alte Philharmonie Berlin)
Heinz Schubert: Hymnisches Konzert für Orgel & Orchester mit Sopran- und Tenorsolo; Schubert: Symphonie Nr. 8 C-Dur « Die Große »
Konzert Nr. 10 (1942 oder 1943, Haus des Rundfunks Berlin)
Mozart: Symphonie Nr. 39 Es-Dur KV 543
Konzert Nr. 11 (7.-10. Februar 1943, Alte Philharmonie Berlin)
Sibelius: En Saga op. 9; Violinkonzert op. 47
Konzert Nr. 12 (28.-30. Juni 1943, Alte Philharmonie Berlin)
Beethoven: Symphonie Nr. 4 (in zwei Aufnahmen: mit und ohne Publikum);
Coriolan-Ouvertüre op. 62; Symphonie Nr. 5
Konzert Nr. 13 (31. Oktober und 1.-3. November 1943, Alte Philharmonie Berlin)
Pepping: Symphonie Nr. 2; Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4
Konzert Nr. 14 (13.-16. November 1943, Alte Philharmonie Berlin)
Bruckner: Symphonie Nr. 6; Schumann: Cellokonzert op. 129; Strauss: Till Eulenspiegel op. 28
Konzert Nr. 15 (12.-15. Dezember 1943, Alte Philharmonie Berlin)
Brahms: Symphonie Nr. 4; Klavierkonzert Nr. 2; Haydn-Variationen op. 56a
Konzert Nr. 16 (9.-12. Januar 1944, Alte Philharmonie Berlin)
Beethoven: Violinkonzert op. 61; Strauss: Sinfonia domestica op. 53
Konzert Nr. 17 (7. & 8. Februar 1944, Staatsoper Unter den Linden Berlin)
Händel: Concerto grosso op. 6 Nr. 10; Mozart: Symphonie Nr. 39 Es-Dur KV 543
Konzert Nr. 18 (20. & 21. März 1944, Staatsoper Unter den Linden Berlin)
Weber: Der Freischütz-Ouvertüre; Ravel: Daphnis et Chloé-Suiten Nr. 1 & 2; Beethoven: Symphonie Nr. 6
Konzert Nr. 19 (3.-7. Oktober 1944, Alte Philharmonie Berlin, Beethovensaal)
Bruckner: Symphonie Nr. 9
Konzert Nr. 20 (19. Dezember 1944, Admiralspalast Berlin)
Schubert: Symphonie Nr. 8 Unvollendete
Konzert Nr. 21 – Furtwänglers letztes Konzert mit den Berliner Philharmonikern vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs (22. & 23. Januar 1945, Admiralspalast Berlin)
Brahms: Symphonie Nr. 1 (4. Satz)