« Vielleicht als eine treue Geliebte. Hier ist so viel Zuneigung und Leidenschaft im Spiel, soviel Lust und Begierde, Neues zu erfahren, dass es einfach nur Spaß macht, sich immer wieder auf das Abenteuer Pittsburgh einzulassen.“ So beschreibt einer der Interviewten seine Beziehung zum ‘Pittburgh Symphony Orchestra’, dem PSO. In fünfundzwanzig Interviews und zehn weiteren Beiträgen nehmen vornehmlich Dirigenten, ein Aufnahmeleiter sowie Solisten und auch einige wenige Musiker aus dem Orchester zu allen Themen rund um Interpretation, Stücke und andere musikalische Momente Stellung, wobei die jeweilige persönliche Beziehung zum PSO immer eine besondere Rolle spielt.
Dabei werden bestimmte Aspekte von allen Gesprächspartnern benannt. Das könnte man fast schon stereotyp nennen und als Lobhudelei abtun, wenn es nicht jedes Mal so überzeugend und charmant von Herzen vertreten würde. Gemeint sind die im ersten Satz benannten Eigenschaften jedes einzelnen Musikers des PSO und damit auch des Organismus als Ganzes. Dabei ist ein Aspekt noch außen vorgelassen. Das ist die extrem hohe technische Qualifikation aller Instrumentalisten, jeder einer Solistenkariere fähig, die sich mit der wohl ziemlich einmaligen Chemie aus Neugier, Aufmerksamkeit, Interesse und Bereitschaft, sich auf immer neue Herausforderungen einzustellen, zusammenfügt.
Insbesondere ist das PSO ein Orchester, das die besten Seiten beider Welten in sich vereint. Es ist ein urtypisch amerikanisches Ensemble, das mit höchstem technischem Anspruch und Können musiziert und immer bereit ist, neue Sphären zu erkunden. Und es hat alle europäischen Vorteile, da es beinahe seit Anfang an von William Steinberg, André Previn, Mariss Jansons und nunmehr Manfred Honeck, um einige zu nennen, immer Chef- und auch Gastdirigenten hatte, die der alten Welt entstammten und damit die Art, wie dort Musik geatmet und strukturiert wird, bei ihrer Arbeit mit dem Orchester einbrachten.
Dass auch heute noch nicht jedem diese herausragenden Qualitäten des PSO bekannt sind, liegt daran, dass es nicht zu den historisch benannten Big Five gehört und damit aus europäischer Sicht unbedeutend schien. Dass es aber durch die Verbindung beider Welten vielen anderen amerikanischen Orchestern überlegen ist, wird erst jetzt bewusst. Dazu tragen auch Tourneen nach Europa und neuerdings verstärkte Einspielungen auf Tonträgern bei, die jedem einzelnen seinen persönlichen Zugang ermöglichen. Insofern ist auch dem Gastbeitrag des aktuellen ICMA-Vorsitzenden Remy Franck zuzustimmen, dass nur die Kommunikation mit und über Themen, auch der Musik allgemein und wie hier über ein exquisites Orchester, Grenzen überschreitet und Geist und Seele öffnet.
Das großformatige und elegant verlegte, auch mit Künstlerfotos versehene Buch bietet mit den diversen Sichten Anregungen für eigene Gedanken. So geben beispielsweise die Interpreten sehr unterschiedlichen Antworten auf die Frage, inwieweit ein Interpret nur den Notentext, auch die Anmerkungen des Komponisten oder Hinweise Dritter zu einem Werk und die Aufführungsgeschichte beachten und in seine Interpretation einfließen lassen soll. Damit kann das Buch über die Eloge für das PSO hinaus zum Stöbern und Nachdenken allgemein über Musikmomente herangezogen werden. Uwe Krusch
Alain Steffen (Herausgeber): Let’s talk about… Pittsburgh Symphony Orchestra & Manfred Honeck; 254 Seiten, Rombach Verlag 1. Aufl. 2018; ISBN 978-3-7930-5168-8