Wer den Begriff russische Romanze mit der weiten Landschaft und tiefen Gefühlswelten verbindet, ist allenfalls halbrichtig unterwegs. Das russische Wort ‘romans’ meint ein Kunstlied, das normalerweise von romantischer Liebe handelt. Dieser aus dem späten 18. Jahrhundert stammende Begriff versteht sich in Abgrenzung zum deutschen Lied oder zur französischen ‘Romance’. Während zunächst Imitationen westeuropäischer Formen entstanden, entwickelte sich das Genre dann zu einem eigenen Zweig.
Eine Besonderheit ist die Veredelung des gröberen russischen Bauerngesangs in eine Kunstform. Dazu kommt als weitere Komponente, dass die russische siebensaitige Gitarre anstelle des Klaviers einen besonderen Touch angibt, der auch schon in der einfachen Gestaltung der Kompositionen angelegt ist. Die Gitarre war traditionell das natürliche Begleitinstrument schlechthin für den Vortrag dieser Stücke. Doch auch Werke, die allein von der Gitarre dargeboten werden, bereichern das Programm dieser ersten Aufnahme für dieses russische Kunstlied.
Das die Kompositionen präsentierende ‘Dashkova Ensemble’ widmet sich weniger bekanntem Repertoire russischer Musik der letzten drei Jahrhunderte. Gegründet wurde das Ensemble von Oleg Timofeyev, dessen Leidenschaft der russischen siebensaitigen Gitarre gilt. Ihm zur Seite steht die deutsche Mezzosopranistin Anna Bineta Diouf, deren Sprachaffinität ihr eine besondere Liebe für die russische Sprache und Kultur nahebrachte. Das kultiviert sie soweit, dass ihr Gesang vereinzelt so harsch wirkt wie eine russische Unterhaltung unter Bauern, die mit den Liedern auch imitiert werden soll. Zusammen versetzen sie einen unmittelbar in die Welt russischer Salons. Diese Vertiefung wird nur dann aufgebrochen, wenn die Stücke beispielsweise dem damals beliebten spanischen Kolorit frönen, wie etwa ‘Sierra Nevada’ oder ‘Granada im Nebel’.