Philip Glass/Robert Wilson: Einstein on the Beach; Lucinda Childs Dance Company, Philip Glass Ensemble, Michael Riesman; 2 DVDs Opus Arte OA1178D; Bild 16:9; Stereo & Surround; Aufnahme 01/2014, Veröffentlichung 10/2016 (264') – Rezension von Remy Franck

Am Anfang waren ein genauer Plan, ein Ablauf, keine Handlung, Bilder und mehrere Rahmen, die Robert Wilson und Philip Glass dann mit alles Anderem als opernhaften Inhalten füllten. Und dennoch nannten die beiden Oper, was im besten Sinne Musiktheater ist, eines der ungewöhnlichsten und zugleich attraktivsten Musiktheaterwerke der letzten fünfzig Jahre.

Im Mittelpunkt steht Albert Einstein, eine Kompromissfigur für die beiden und zugleich ein Glücksfall. Mit seiner Relativitätstheorie liefert er die Grundlage für diese ‘Oper’, mit einer Folge von Assoziationen, die nur ein Ziel haben: eine eigentlich unverständliche Einheit von Sprache, Klang und visuellen Impressionen zu bilden.

Wenn nach der ersten halben Stunde nichts anderes zu hören war als Zahlen und einzelne Worte, muss man schon auf den Timer des Videoplayers schauen, um sich eine Idee von der Zeit zu machen. Man verliert nämlich im Laufe des Ganzen das Gefühl dafür…und erlangt es eigentlich auch nicht wieder in den über vier Stunden, die ‘Einstein on the Beach’ dauert.

Und, nein, langweilig ist das nicht, jedenfalls nicht beim ersten Mal, wenn man sich diese ‘unendliche Geschichte’ anschaut. Denn schließlich wartet man gespannt darauf, dass endlich etwas geschieht. Und so arbeitet man sich traumverloren von Szenenwechsel zu Szenenwechsel und versucht natürlich zu verstehen, was nicht zu verstehen ist. So wird das Gehirn beschäftigt, und am Ende hat man das Gefühl von unverdauten vier Stunden Musiktheater.

In ‘Einstein on the Beach’ wird der Mensch mit allen seinen Sinnen gefordert und er stellt sich eine Million Fragen, die er nicht beantworten kann und auf die es auch keine richtige Antwort gibt. Das einzig Konkrete ist der mehrmals als Geiger auftauchende Einstein. Aber der liefert nun schon gar keine Antworten, bleibt aber letztlich der einzige Mensch in einer automatisierten Welt, in der Atombombe und Gerichtszene samt Gefängnis wegen ihrer ‘Direktheit’ schon regelrecht irritieren. So genau wollte man es ja nicht wissen. Einstein geht schließlich auch nicht an den Strand, wie der Titel verheißt.

Die hier gezeigte Aufführung aus dem Paris Châtelet gilt als Meilenstein in der Geschichte des Kunstwerks, das man gesehen haben sollte, auch vierzig Jahre nach seiner Uraufführung, als es wegen seiner Radikalität noch einen ganz anderen Impakt hatte.

Einstein on the Beach, a collaboration by Robert Wilson and Philip Glass, is a fundamentally unconventional opera, non-narrative, with a not really understandable collage of images and dance scenes. The whole thing is so abstract that the spectator has a million of questions coming from all his senses to is much occupied brain, and he never will have an answer at a single one. An exhilarating piece of music theatre in a landmark production from the Châtelet in Paris!

 

 

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