Im Vorfeld des Open-Air Konzertes auf der ‘Kinnekswiss’ morgen Abend (30. Juni) im Stadtluxemburger Park, das vom ‘Orchestre Philharmonique du Luxembourg’ gespielt und von Gustavo Gimeno dirigiert wird, hat sich unser Mitarbeiter Alain Steffen mit der lettischen Mezzosopranistin Elina Garanca unterhalten.
Im Open-Air-Konzert mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Gustavo Gimeno statt. Sie singen unter anderem einen Auszug aus der Oper Samson et Dalila. Sie haben erst vor wenigen Wochen in der Partie der Dalila neben Roberto Alagna als Samson debütiert. Dalila, eine dankbare Partie für eine Mezzosopranistin?
Dalila ist eine großartige Partie. Allerdings liegt der Reiz darin, diese Rolle psychologisch komplett auszuleuchten und sehr differenziert zu gestalten. Man darf sie nicht nur als kühl berechnendes und manipulatives Monster darstellen. Ich habe sehr viel Respekt vor dieser Partie, insbesondere weil es ja um biblische Themen geht und Religion in unseren Tagen doch eher schwer zu thematisieren und zu erklären ist. Rein stimmlich ist die Dalila nicht so schwer, ich habe schon weitaus anspruchsvollere Partien gesungen.
Im Konzert gibt auch einer anderen Figur, nämlich Georges Bizets Carmen. Das scheint quasi prädestiniert für ein Open-Air Konzert.
Natürlich. Carmen ist ein absoluter Leckerbissen für alle Opernliebhaber. Ein Hit folgt dem anderen, so dass man sich dieser Musik nur schwer entziehen kann. Zudem spricht die Figur der Carmen jeden an. Jede Frau mag es, diesen rebellischen und leidenschaftlichen Teil der Carmen in sich selbst zu entdecken. Und jeder Mann wünscht sich doch insgeheim, mindestens einmal im Leben einer Frau wie Carmen zu begegnen. Ich liebe es, diese Partie zu singen und bin jedes Mal überrascht, wie sehr sich ihr Charakter doch während einer Aufführung verändern kann, je nachdem welchen Tenorpartner man als Don José hat. Aber auch die eigenen, persönlichen Erfahrungen im Leben und in der Liebe spielen eine Rolle bei der Gestaltung der Carmen.
Im Moment ist es ja sehr in Mode gekommen, dass jedes wichtige Symphonieorchester im Sommer ein Open-Air Konzert spielt. Wie wichtig sind solche Konzerte im Allgemeinen und warum sind selbst Menschen, die sonst nie klassische Musik hören, so begeistert davon?
Ich denke, es liegt ganz einfach an der Atmosphäre. Sie sitzen gemütlich auf einer sonnigen Wiese und können einfach nur genießen ohne sich dabei viel Gedanken um Interpretation und Verständnis zu machen. Sie brauchen keinen Smoking oder kein Abendkleid zu tragen. Die Menschen, die zu einem Open-Air Konzert kommen, wollen Musik hören und kommen sicherlich nicht, weil es ihrem sogenannten Status entspricht oder sie sich zeigen wollen. Und alleine die Tatsache, in einer angenehmen Umgebung nahe der Natur zu sein, macht die Menschen freier, entspannter und offener für Gefühle und das direkte Erleben.
Was können Sie uns noch über die anderen Arien sagen, die Sie morgen Abend singen werden?
Es ist eigentlich das goldene Repertoire für einen Mezzosopran. Ich singe Tchaikovsky, weil ich diese Musik einfach liebe. Ich liebe ihre Tiefe und ihre Melancholie. Vielleicht, weil sie mit ihrem slawischen Einfluss so nahe an der lettischen Kultur und dem Empfinden der Letten liegen. Und Cilea ist allerbestes Verismo mit sehr viel Leidenschaft. Das Publikum wird also wundervolle und sehr emotionale Musik hören.
Sie sind in Riga geboren. Wie ist denn ihr persönliches Verhältnis zur lettischen Musik?
Ich versuche, so oft es geht, Lieder von lettischen Komponisten in meine Programme einzustreuen. Wir haben ja eine wunderbare und international sehr erfolgreiche zeitgenössische Szene. In diesem Rahmen habe ich auch ein sehr spezielles Projekt mit Werken unserer lebenden Komponistenlegende Raimonds Pauls gemacht. Er hat speziell für mich einige neue Lieder komponiert. Dann haben wir eine CD mit diesen und älteren Liedern von ihm gemacht. Es ist keine kommerzielle CD, aber jeder Lette, der mich und seine Musik liebt, hat diese CD.
Ihr Vater war Chordirektor, Ihre Mutter Sängerin. Ihr Weg, Opernsängerin zu werden, schien ja schon früh vorbestimmt gewesen zu sein.
Nein, eigentlich nicht! Ich wollte immer etwas anderes machen. Ich hatte zwar eine musikalische Erziehung seit dem Alter von sechs Jahren, aber ich hatte dann doch andere Wege eingeschlagen. Ich habe Möbel verkauft, Events organsiert, Kurse gegeben. Und ich wollte Schauspielerin werden. (Lacht) Aber ich habe in allen Bereichen versagt. Bis ich mit dem Singen angefangen habe.
Was sind denn Ihre nächsten Projekte?
Momentan bereite ich meine erste Dido vor, und es sind in naher Zukunft CD-Produktionen von ‘Don Carlo’, ‘Aida’ und ‘Parsifal’ geplant. Hinzu kommt eine neue Solo-CD. Es soll eine Art Liebeserklärung an den Süden, an die Latinos und an eine musikalische Welt sein, die meiner lettischen und musikalischen Heimat wirklich diametral gegenübersteht. (lacht)