Jedes Soloalbum eines Geigers oder einer Geigerin geht natürlich von Bach aus. Auf diesem Album wird nur ein Happen Bach geboten, nämlich die Chaconne aus der zweiten Partita. Die Interpretin markiert die arpeggierten Akkorde kraftvoll und markant. Bereits den Anfang gestaltet sie die einleitenden Akkorde anders als die meisten Kollegen, da sie relativ fließend ihre Interpretation fortsetzt, während andere diese länger ausklingen lassen. Eine weitere oft gewählte Konstante sind die Sonaten von Ysaÿe. In diesem Fall ist es die dritte Sonate des Belgiers, die den Titel Ballade trägt.
Neben diesem Startpunkt wählt jeder Solist andere begleitende Werke, die seinem Naturell entsprechen und seinen Blick auf die Vielfalt der Welt der Violinmusik besonders gut ausleuchtet. Dabei gelingt ihr eine durchaus spannende Reise. Das berühmte ‘Asturias’ von Albéniz wandelt noch halbwegs auf gewöhnlichen Pfaden und nimmt mit der Violinmusik auch Elemente der volkstümlichen Überlieferung auf, hier aus Andalusien und den Flamenco. Die Sonate von Arthur Honegger ist schon weniger üblich. Sie nimmt direkt Bezug auf den Ausgangspunkt, also Bach. Die Monologie-Sonate von Aram Khachaturian wird nur selten dargeboten. Dieses einsätzige Werk vermittelt mit armenischen Volksliedklängen das Bild eines eremitischen Poeten, der beim Wandern Lieder improvisiert.
Eine wirkliche Spezialität ist das Stück ‘Métal Terre Eau’ des vietnamesischen Komponisten Ton-That Tiat. Seine Musik lässt musikalische Einflüsse unseres Kulturkreises in die Musik aus seiner Heimat einfließen und verbindet so beide Welten. Der wiederholte Anfangston D symbolisiert Wasser and damit den Fluss des Lebens. Damit kommt das allgemeine Prinzip von Ton-That heraus, spirituelle Gedanken in der Musik auszudrücken.
Bereits mit 15 Jahren erhielt die in Mulhouse geborene Elsa Grether in Paris ihren ersten Preis. Wie auch an der Werkauswahl deutlich wird, ist ihr Wesen von Neugier geprägt. Ihr Studium absolvierte sie am Mozarteum bei Ruggiero Ricci und in den Staaten. Inzwischen hat sie eine weltweite Karriere begonnen.
Ihr hier vorliegendes erstes Soloalbum nach zwei Sonatenalben lebt von der Spannung und treibenden Kraft. Wie bereits bei der Chaconne angedeutet, stellt sich die Künstlerin als nach vorne strebende Geigerin dar, die jedoch bei Bach absolut die längste mir bekannte Aufnahme vorlegt. Die anderen Werke weichen in der Länge nicht oder nur leicht nach oben ab. Sie pflegt ein leichtes silberfarbenes Spiel, das sie als Kammermusikerin prädestiniert. Technisch lässt das Spiel, wie nicht anders zu erwarten, keine Wünsche offen. Darüber hinaus weisen ihre Interpretationen eine durchdachte musikalische Gestaltung auf.