Von der Nordsee-Insel Großbritannien dringt Sonderbares aufs Festland: Die finanzielle Situation der Opernhäuser könnte sich verbessern, wenn man mehr Opern in der Landessprache aufführen würde, wird dort verkündet. Angeregt wurde die Debatte durch die englischsprachigen Aufführungen von Wagners ‘The Mastersingers of Nuremberg’ (English National Opera) und Cavallis ‘L’Ormindo’ (Royal Opera House).
Zwar mag es nicht immer sehr schwierig sein, eine gute, sinngemäße Übersetzung anzufertigen, doch es sind recht oft sprachtechnische Schwierigkeiten, die gegen eine Übersetzung sprechen. Besonders bei Sprachen verschiedenen Ursprungs kann dies ein Hauptproblem bilden. So ist es technisch viel besser, eine italienische Oper in eine andere romanische Sprache zu übersetzen, als z. B. in eine germanische. Denn der Gebrauch der einzelnen Buchstaben, Vokale und Konsonanten ist ungefähr der gleiche in einer Stammgruppe, grundverschieden jedoch in zwei nicht verwandten Sprachen. Man stelle sich vor, im Französischen kommt ein ‘i’ vor, das in der deutschen Übersetzung durch ein ‘u’ ersetzt werden muss. Um ein ‘u’ deutlich zu singen, darf der Ton nicht über 400 Herz liegen (was ungefähr einem G (sol) entspricht. Da das ‘i’ aber in einem weit höheren Frequenzbereich liegt, sieht man unschwer, welche Schwierigkeiten damit auftreten können, wenn ein ‘i’ durch ein ‘u’ ersetzt werden muss.
Hinzu kommt, dass eine Sprache stilistisch anders behandelt werden muss als die andere, dass man hier mehr Ausdrucksmöglichkeiten hat als dort, dass die eine Sprache feiner klingt als eine andere, die herb und voll ausgelastet ist. Und so kann der Charakter ein und derselben Figur in der Übersetzung ganz anders wirken als der Komponist es sich erwünscht hat.
Das beste Beispiel hierfür gibt uns ‘Carmen’, die in der Übersetzung durch Julius Hopp teilweise recht lächerlich wirkt, da der Übersetzer den deutschen Text unmöglich dem französischen Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy anpassen konnte, ohne die ganze Atmosphäre des Bizetschen Eifersuchtsdramas durch eine übergroße Verherrlichung der einzelnen Hauptdarsteller zu verfälschen. Da Hopp im Torerolied den Escamillo mit eindeutschte, musste der Arme plötzlich ‘stolz in der Brust’ und ‘siegesbewußt’ den Zuhörern die Gemüter erregen. Und dass ‘en garde’ in ‘Auf in den Kampf’ umgewandelt wurde, ist auch nicht besonders schmeichelhaft für den Autor. Genau so komisch wirkt die Übersetzung der Wagnerschen Dramen in eine andere Sprache.
Fast alle Schallplattenaufnahmen präsentieren heute die Originalfassung, und es ist unverständlich, dass die Opernhäuser jetzt diesem Trend entgegenwirken sollen, zumal die meisten Opernhäuser mit Übersetzungssystem (Untertiteln) ausgestattet sind.