Mit ‘Vistes al mar’ des Katalanen Eduard Toldrà Soler (1895 -1962, Gründer des heutigen Katalanischen Nationalorchesters) beginnt das Ensemble ‘Esperanza’ ganz mediterran seine zweite Schallplatte und knüpft nahtlos an die Qualität der ersten an, die das Ohr mit nordischen Klängen verwöhnt und begeistert hatte.
Zwischen den verspielten und unbeschwerten Ecksätzen ‘La Ginesta’ und ‘La mar estava alegre’ erklingt ein Notturno, das misterioso und atmosphärisch zeigt, wie unglaublich tief die jungen Musiker in die Musik eintauchen, wie sie den Klang erfühlen können.
Ottorino Respighis ‘Suite per archi’ beginnt federnd und sehr entschlossen, evolviert graziös und mit eleganter, aber nie leerer Virtuosität, um in der Sarabande mit fragilen Klängen den Ernst des Lebens in herzzerreißender Weise in Erinnerung zu rufen, so als sei die schöne und sorglose Welt doch nichts als Illusion. Und zum Beweis dessen tritt dann eine irreal grotesk geschärfte Burlesca an, während das Rigaudon nonchalant dahin musiziert wird, nach dem Motto: ‘pah, papperlapapp, wen kümmert’s?’ ‘Esperanza’ macht aus dem Musikstück eine hoch aktuelle gesellschaftspolitische Analyse.
Eine Schatulle der besonderen Art öffnet sich mit dem 11. Track dieser SACD: ‘Esperanza’ spielt ‘Neun Miniaturen’ des armenischen Priesters, Komponisten und Musikethnologen Komitas (1869–1935), der eine Vielzahl von armenischen Volksliedern und -tänzen gesammelt hat. Konzertmeisterin Chouchane Siranossian ist mit ihren armenischen Wurzeln die ideale Interpretin, um ‘Esperanza’ in die südöstlichen Gefilde zu führen und zu zeigen, welch eine herausragende Gruppe von Künstlern dieses Orchester ist, mit Musikern, die mit ungewöhnlicher Klangphantasie ihre Freude am vergeistigten, schönen Klang offenbaren. Musiziert wird mit seidenweichem Ton und einer unwahrscheinlich reich nuancierten Dynamik, zart, schlank und dennoch im feinsten Pianissimo noch etwas kernig Wesenhaftes, Fülliges versprühend, ohne jede Sentimentalität und mit einer Verhaltenheit, die einen so berührt, dass man wünschte, die Musik würde nie aufhören. Die letzte Miniatur ist dann so tänzerisch und energisch, dass der Übergang zu Nino Rotas ‘Concerto per archi’ mit der nötigen Zäsur erfolgt. Bei aller Klangschönheit versuchen die Musiker von ‘Esperanza’, dieser Musik ein Maximum an Vitalität zu geben und es dabei an Ausdruckskraft, Spannung und kommunikativer Energie nicht fehlen zu lassen. Das Scherzo wird nicht mit Fulminanz missbraucht, sondern in einer Art lasziven Trunkenheit ausgespielt, während im Andante das hier so Bedrohliche und im Finalsatz der irreale Unterton das musikalische Geschehen mit kantig herausgespielten Kontrasten ins Groteske führen. Shostakovich ist da sehr, sehr nahe!
Zum nachhaltigen Eindruck dieser Aufnahme trägt auch der satte, kräftig fundierte und transparente Klang viel bei.