Francisco Mignone: Violinsonaten Nrn. 1, 2, 3, A-Dur, G-Dur; Emmanuele Baldini, Violine, Lucas Thomazinho, Klavier; # Naxos 8.574595; Aufnahme 02.2023, Veröffentlichung 24.01.2025 (85'35) – Rezension von Uwe Krusch ** (For English please scroll down)

Alle Sonaten für Violine und Klavier des brasilianischen Komponisten Francisco Mignone sind auf diesem Album vertreten. Die nummerierten Sonaten sind als Ersteinspielungen zu hören. Die anderen beiden nur durch Tonarten gekennzeichneten Werke stammen aus seiner Jugendzeit.

Mignone gehört neben Camargo Guarnieri und Heitor Villa-Lobos zur ersten Generation modernerer Komponisten dieses südamerikanischen Staates. Das Werk des in São Paulo Geborenen zeichnet sich durch melodische Prägnanz und eine gewisse Freiheit aus. Mit dieser Vorgehensweise spricht er das Publikum direkt an.

Bereits am Konservatorium schuf er die Sonate in G-Dur, von der nur der erste Satz erhalten ist. Die Sonate in A-Dur stammt aus der Anfangszeit seiner Karriere. In ihr folgt er der französischen Ästhetik der Jahrhundertwende.

Erst in seiner Reifezeit, einer atonalen Phase, wandte er sich wieder Sonaten für Violine und Klavier zu. Die erste dieser Sonaten, auch nicht nummeriert, scheint verloren.

Die erste nummerierte Sonate erforscht in nicht allzu strikter Weise Tonhöhenreihen. Dem stehen eindeutig tonale Themen und freie atonale Verfahren zur Seite. Die zweite Sonate bietet kurze, kontrastreiche Abschnitte, bei denen Themen als organisierende Einheiten fehlen. Die dritte Sonate, nach der Sonate20r Flöte und Klavier, ist von brasilianischen rhythmischen und melodischen Elementen geprägt. Gegenüber den Vorgängerinnen zeichnet sie sich durch zartere Textur, größere Ausgewogenheit zwischen den Instrumenten und ihre klaren Form aus.

Der italienische Geiger Emmanuele Baldini, der schon lange den Mittelpunkt seines Lebens und seiner musikalischen Betätigung in Brasilien hat sowie der brasilianische Pianist Lucas Thomazinho prägen diese Sonaten mit ihren ebenso aussagekräftigen wie bestens gestalteten Interpretationen. Dabei gelingt es ihnen beispielhaft, die unterschiedlichen Stilistiken der Werke hervorzuheben. So eröffnet diese Einspielung zusammen mit den Informationen im Beiheft einen überzeugenden Eindruck von einer außerhalb Brasiliens noch weitgehend unbekannten musikalischen Welt.

All sonatas for violin and piano by the Brazilian composer Francisco Mignone are represented on this album. The numbered sonatas can be heard as first recordings. The other two works, characterized only by keys, date from his youth.

Alongside Camargo Guarnieri and Heitor Villa-Lobos, Mignone belongs to the first generation of modern composers from this South American country. The work of the São Paulo-born composer is characterized by melodic conciseness and a certain freedom. With this approach, he speaks directly to the audience.

He wrote the Sonata in G major, of which only the first movement has survived, while still at the conservatory. The Sonata in A major dates from the beginning of his career. In it, he follows the French aesthetic of the turn of the century.

Only in his mature period, an atonal phase, did he turn to sonatas for violin and piano again. The first of these sonatas, also unnumbered, appears to be lost.

The first numbered sonata explores pitch rows in a not too strict manner. This is accompanied by clearly tonal themes and free atonal procedures. The second sonata offers short, contrasting sections in which themes are missing as organizing units. The third sonata, after the sonata for flute and piano, is characterized by Brazilian rhythmic and melodic elements. Compared to its predecessors, it is characterized by a more delicate texture, greater balance between the instruments and its clear form.

The Italian violinist Emmanuele Baldini, who has long centered his life and musical activities in Brazil, and the Brazilian pianist Lucas Thomazinho shape these sonatas with their equally expressive and excellently crafted interpretations. They succeed in an exemplary manner in clearly emphasizing the different styles of the works. Together with the information in the accompanying booklet, this recording gives a convincing impression of a musical world that is still largely unknown outside Brazil.

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